Versandverbot

Kippt das "Nein" der SPD?

Im Streit um den Rx-Versand betont Apothekerpräsident Kiefer das Gemeinwohl, dem öffentliche Apotheken dienten. Der Bundesverband der Versandapotheken sieht hingegen das hohe Gut des EU-Binnenmarktes gefährdet.

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SCHLADMING/KÖLN. Zur Eröffnung des Apothekerkongresses Pharmacon im österreichischen Schladming hat am Wochenende der Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer, die Alternativlosigkeit eines Versandhandelsverbots für verschreibungspflichtige Arzneimittel betont.

"Jeder, der am Sonntagmittag eine Apotheke braucht, findet eine in seiner Nähe. Notdienst und viele andere Gemeinwohlpflichten grenzen wohnortnahe Apotheken von ausländischen Versendern ab". Diese Infrastruktur sei, so Kiefer, nach der Aufhebung der Preisbindung für ausländische Versandapotheken durch das im Oktober ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Rx-Boni "massiv gefährdet".

Digitalisierung bloß Augenwischerei?

Kritischen Stimmen, die ein Versandhandelsverbot im Widerspruch zur digitalen Vernetzung sehen, hielt Kiefer "Augenwischerei" entgegen. "Was hat es mit Digitalisierung zu tun, wenn ein Patient sein ärztliches Rezept per Post verschickt und dafür einige Tage später ein Paket erhält?"

Wie sehr die Apotheker das EuGH-Urteil umtreibt, belegt das jüngste Branchenbarometer "Apokix" des Kölner Instituts für Handelsforschung. Demnach zählt das Rx-Versandverbot für mehr als zwei Drittel (72,5 Prozent) der knapp 200 Panel-Teilnehmer zu den wichtigsten Themen des neuen Jahres. Für knapp 44 Prozent der Teilnehmer – doppelt so viele wie bei einer früheren Befragung Anfang 2016 – ist der Wettbewerb mit Versandapotheken aktuell besonders relevant.

Dagegen hat sich im Erhebungszeitraum Dezember der Indexwert für die Geschäftserwartungen laut IfH nur leicht verschlechtert. Demnach gehen jetzt knapp 63 Prozent der Panel-Teilnehmer davon aus, "dass sich ihre wirtschaftliche Situation verschlechtern wird".

Unterdessen ist die politische Meinungsbildung zum Versandhandelsverbot weiterhin parteiübergreifend uneinheitlich. Nachdem sich der mächtige SPD-Landesverband NRW kürzlich für ein Verbot ausgesprochen hat, rückt auf Bundesebene nun auch der aus NRW-Reihen stammende Karl Lauterbach von seinem bis dato kategorischen "Nein" ab. Am Sonntag twitterte der Gesundheitsexperte, ein Versandverbot wäre für die Genossen "nur möglich, wenn Zuzahlung für Chroniker ganz wegfiele".

Deutsche Versender beauftragen Staatsrechtler

Die deutschen Versender reagieren auf das Bestreben von Bundesgesundheitsminister Gröhe, den Versand mit verschreibungspflichtigen Medikamenten (Rx) zu verbieten, weiterhin kritisch. In einem aktuellen Schreiben verweist der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) darauf, dass ein nationales Verbot EU-rechtlich riskant sei.

Deutschland drohe gegenüber internationalen Marktteilnehmern in Staatshaftung genommen zu werden, sollte ein solches Verbot hierzulande umgesetzt werden, heißt es in der Mitteilung weiter. Die Unternehmen würden entsprechende Klagen vorbereiten und sich auf das Europarecht berufen. Dann werde am Ende nicht nur das Verbot rückgängig gemacht werden müssen, sondern es drohten außerdem Schadensersatzzahlungen.

Der BVDVA habe daher bei dem Staatsrechtler Professor Christian Koenig, Direktor des Zentrums für Europäische Integrationsforschung der Universität Bonn, ein europarechtliches Gutachten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse würden in Kürze den Mitgliedern des Deutschen Bundestages vorgestellt.

 „Die Errungenschaften der Europäischen Union inklusive des Binnenmarktes sind ein hohes Gut. Wenn wir Europa immer nur dann gut finden, wenn es für uns selbst am günstigsten ist, untergraben wir nicht nur die europäische Idee, sondern gefährden unseren eigenen Wohlstand“, so Udo Sonnenberg, Geschäftsführer des BVDVA. (cw/run)

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