Kliniken: Privatisierungszug rollt weiter

Die klammen kommunalen Kassen schieben die Privatisierungswelle bei Krankenhäusern in Deutschland zusätzlich an. Experten sehen darin durchaus Vorteile.

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Auch privatisiert: Bahnlinie bei Kassel. Auch der Kliniklandschaft stehen weitere Privatisierung bevor, glauben Experten.

Auch privatisiert: Bahnlinie bei Kassel. Auch der Kliniklandschaft stehen weitere Privatisierung bevor, glauben Experten.

© Rüdiger Wölk / imago

BERLIN (ami). Die große Privatisierungswelle auf dem deutschen Klinikmarkt ist vorbei. Doch es gibt weiteres Potenzial für Privatisierungen.

Das ist das Ergebnis einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Privatkliniken (BDPK).

"Wir gehen davon aus, dass die Marktanteile der privaten Krankenhausträger weiter zunehmen", sagte Boris Augurzky vom RWI bei der Vorstellung der Studie in Berlin.

Unter Verweis auf die Wirtschaftskrisen in anderen europäischen Staaten prognostizierte der RWI-Experte, "dass man nicht anders kann und nicht anders sollte, als auf privates Kapital zu setzen".

Auch die Vorstandschefs dreier großer privater Klinikkonzerne zeigten sich überzeugt, dass über kurz oder lang weitere Kliniken privatisiert werden. "Der Privatisierungszug wird weiterfahren", sagte Sana-Vorstands-Chef Michael Philippi.

Er zeigte sich skeptisch, ob kommunale Verbünde eine Alternative sind. Auch Dr. Ulrich Wandschneider von Asklepios gab sich sicher, dass weitere kommunale Häuser privatisiert werden: "Je mehr Druck auf den kommunalen Kassen lastet, desto schneller wird es gehen", sagte er.

Rhön-Vorstandschef Wolfgang Pföhler kündigte an, dass der Konzern "nicht bei jedem Objekt zugreifen" wolle, zeigte sich aber ebenfalls überzeugt, dass der Privatisierungsdruck steigen wird.

Privatpatientenanteil im Durchschnitt

Er wandte sich explizit gegen das Vorurteil, dass Gewinnerwirtschaftung im Krankenhaus der Qualität schade. "Ohne Gewinne keine Investitionen und keine Innovationen", so Pföhler.

Für die Zukunft betrachtet er die Vernetzung zwischen kleinen Grundversorgern und Spitzenversorgern als entscheidenden Erfolgsfaktor, "um nahtlose Versorgung zu gewährleisten". Hier sieht Pföhler die privaten Kliniken gut aufgestellt.

Mit der Studie will der BDPK aber nach eigener Aussage nicht nur die wirtschaftliche Bedeutung privater Kliniken untermauern, sondern auch gängigen Vorurteilen gegenüber diesen Häusern begegnen.

So weist die Untersuchung darauf hin, dass die privaten Krankenhäuser einen höheren Anteil an Kliniken im ländlichen Raum betreiben als öffentliche und freigemeinnützige.

Allerdings ist darunter ein großer Anteil an Spezialkliniken subsumiert, und der Anteil der Betten bei kleinen Grundversorgern ist eher geringer als im nicht-privaten Krankenhausmarkt.

Die Studie zeigt zudem, dass private Krankenhäuser mit ihrem Privatpatientenanteil von neun Prozent genau im Durchschnitt aller Krankenhäuser liegen und keineswegs deutlich darüber, wie oftmals gemutmaßt wird.

Die Patienten in privaten Kliniken sind laut BDPK-Studie im Durchschnitt mit 57,9 Jahren etwas älter als in kommunalen (55,6 Jahre) und freigemeinnützigen Häusern (55,7 Jahre). Bei der Patientenzufriedenheit gibt es hingegen keine Unterschiede zwischen den Sparten.

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