Mehr Effizienz

Kundenbetreuung in der Klinik?

Kliniken hätten zufriedenere Patienten und wirtschaftlich mehr Erfolg, wenn sie Patienten als Kunden verstünden, so eine Studie. Der Blick in die Industrie helfe.

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FRANKFURT/MAIN. Europas Gesundheitssysteme wären wesentlich effizienter, wenn sie Kundenbetreuungsmaßnahmen aus der Privatwirtschaft auch beim Patientenmanagement anwendeten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Strategieberatung BearingPoint, für die nach eigenen Angaben mehr als 60 europäische Organisationen im Gesundheitswesen befragt wurden.

Laut Studie haben Patienten auch im Gesundheitswesen Erwartungen an Service und Qualität, ähnlich wie als Kunden im Umgang mit privaten Einrichtungen und Unternehmen.

Die Studienautoren regen an, ein "Patient Relationship Management" (PRM) zu etablieren und so die Beziehungen zwischen Patienten und Gesundheitsdienstleistern zu fördern: Um einen nahtlosen und auf den Patienten fokussierten Weg durch das Gesundheitssystem zu bieten, würden dem Pflegepersonal durch das PRM alle wichtigen Informationen aus dem gesamten Behandlungspfad zur Verfügung gestellt.

So könnten zum Beispiel auch ambulante Tagespatienten effizient versorgt und betreut werden, wie die Autoren der Studie, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt, hervorheben.

Die Gesundheitsorganisationen haben, so BearingPoint, den Bedarf an einer neuen Form der Betreuung erkannt: 75 Prozent der Krankenhaus-Verwaltungen wollen laut Studie schnell Verbesserungen im Patientenmanagement umsetzen.

Um die Möglichkeiten und Chancen durch ein PRM-System zu verdeutlichen, wurden für die Studie Best-Practice-Beispiele identifiziert und nutzbar gemacht.

Die Studienautoren untersuchten nach eigener Aussage jede Station des Behandlungspfades von Patienten - von der Einweisung bis zur Entlassung - und leiteten daraus Verbesserungsvorschläge ab, wie sich sowohl die Prozesseffizienz als auch die Zufriedenheit der Patienten steigern lässt.

Die Patienten sollten insofern profitieren, als sie mehr Selbstbestimmung und Information erhalten, um den Weg durch das Gesundheitssystem selbst zu steuern.

Dies könne zum Beispiel ganz simpel durch die Bereitstellung von Self-Service Check-in-Automaten zum Beispiel bei der Ankunft in einem Klinikum oder Ärztezentrum erfolgen. Genannt werden auch Terminbuchungs-Terminals und genaue Informationen zur Wartezeit im Krankenhaus.

Kosteneffizienz im Fokus

Krankenhäuser könnten durch die Einführung von PRM-Systemen erhebliche Kosteneinsparungen und Effizienzgewinne erzielen, versprechen die Studienautoren. Die PRM-Lösungen reduzierten den bisher hohen Verwaltungsaufwand und somit auch Kosten bei gleichzeitiger Verbesserung der Patientenversorgung durch schnelleren Informationsaustausch und reduziertes diagnostisches Risiko.

Dabei sei der Einsatz von PRM auf Systemebene weder komplex noch störend im Hinblick auf bestehende Prozesse in Krankenhäusern. Nebenbei werde der Klinikaufenthalt aus Patientensicht umkonnotiert, erfolge die ärztliche Behandlung aus Sicht des Kranken als individuelles Ereignis, nicht als medizinischer Zustand. Die Folge sei ein entsprechender Anstieg der Zufriedenheits-Bewertungen von Service-Nutzern.

Angesichts einer alternden Bevölkerung sind die Gesundheitssysteme mehr mit langfristigen Krankheiten konfrontiert, die eine regelmäßige und häufige Krankenhauseinweisung erfordern, wie BearingPoint prognostiziert.

Mit der wachsenden Zahl von Patienten, die längere Zeiten in und außerhalb des Krankenhauses verbringen, seien eine koordinierte und lückenlose Aufzeichnung sowie ein patientenzentrierter Ansatz unerlässlich.

"Das europäische Gesundheitssystem steht an einem Scheideweg. Statt einer Sammlung von monolithischen Silo-Einrichtungen, in denen Patienten allein durch ihren medizinischen Zustand definiert werden, haben wir die Möglichkeit, von der jahrzehntelangen Erfahrung in der Kundenbetreuung zu lernen und Menschen, nicht Krankheiten, in den Mittelpunkt der medizinischen Behandlung zu stellen", akzentuiert Dr. Harald Deutsch, Partner bei BearingPoint und Autor der Studie.

PRM ermögliche ein Gesundheitssystem ohne Warteschlangen und ohne unnötige Mehrfachuntersuchungen, dafür aber mit auf Behandlungserfolge und Zufriedenheit der Patienten ausgerichteten Prozesse, in dem medizinische Fachkräfte wissen, wer die Patienten sind und was sie brauchen, postuliert Deutsch. (maw)

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