Im Fall von Rot-Grün

Lauterbach will Regress abschaffen

Was würde mit dem Gesundheitswesen passieren, wenn in drei Wochen Rot-Grün an die Macht kommt? Karl Lauterbach, Mitglied im Schattenkabinett von Peer Steinbrück, hat der "Ärzte Zeitung" einen Tipp gegeben.

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Mann mit Fliege: SPD-Politiker Karl Lauterbach hat die Regresse ins Visier genommen.

Mann mit Fliege: SPD-Politiker Karl Lauterbach hat die Regresse ins Visier genommen.

© Müller-Stauffenberg / imago

NEU-ISENBURG. Professor Karl Lauterbach, Mitglied im Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, will als Gesundheitsminister bei einem Wahlsieg von Rot-Grün den Arzneimittelregress kippen.

"Ich habe mich intensiv mit der Wirkungsweise des Regresses beschäftigt, er macht keinen Sinn mehr, bestraft Hausärzte und hält vor allem junge Menschen davon ab, sich für eine Niederlassung als Hausarzt zu entscheiden", sagte Lauterbach in einem Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Lauterbach betrachtet den Wegfall des Regresses zusammen mit dem Wegfall der Residenzpflicht für Vertragsärzte als wichtigen Baustein, um die Hürden für den Hausärztenachwuchs beim Einstieg in den Beruf zu senken.

Faktisch ist das Risiko eines exekutierten Arzneimittelregresses nicht mehr sehr hoch - tatsächlich werden aber die Wirtschaftlichkeitsprüfung und die Möglichkeit, in einen Regress zu geraten, zu einer immer noch beachtlichen psychologischen Belastung für Ärzte - mit Abschreckungswirkung für den Nachwuchs.

Das liegt auch daran, dass der Gesetzgeber bislang den Regress nicht vollständig abgeschafft hat und die Selbstverwaltung gesetzliche Möglichkeiten zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten nur sehr zögerlich umsetzt.

So schreibt das Versorgungsstrukturgesetz, das die Arbeitsbedingungen für Vertragsärzte als Abwehr gegen Ärztemangel verbessern sollte, lediglich vor, dass Ärzte bei erstmaligem Überschreiten einer Richtgröße um mehr als 25 Prozent individuell beraten werden müssen.

Wird die Richtgröße ein zweites Mal überschritten, kann ein Regress exekutiert werden. Somit hat die KBV ihr Ziel, die Richtgrößenprüfung und das damit verbundene Regressrisiko abzuschaffen, bislang nicht erreicht.

Ebenfalls nicht erfüllt haben sich die Hoffnungen, die Ärzte in die frühe Nutzenbewertung gesetzt haben. So ist es gesetzlich möglich, dass ein positiv bewertetes Arzneimittel nach erfolgreich beendeten Verhandlungen über einen Erstattungsbetrag als Praxisbesonderheit anerkannt wird.

Von dieser Möglichkeit hat der GKV-Spitzenverband nur in drei von 26 abgeschlossenen Verfahren Gebrauch gemacht. (fuh/HL)

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Kommentare
Dr. Klaus Günterberg 03.09.201309:47 Uhr

Beim richtigen Namen nennen: Was Regress genannt wird, ist tatsächlich eine Geldstrafe - eine Hinterhältigkeit

Da hat sich Herr Lauterbach wohl nur sehr oberflächlich mit dem Thema Regress beschäftigt:
Was die Krankenkassen als einen Regress bezeichnen, ist tatsächlich eine Geldstrafe. Man sollte vor allem die Dinge beim richtigen Namen nennen: Wo ein Arzt Leistungen abgerechnet hat, die er nicht erbracht hat - schwarze Schafe gibt es in jedem Metier -, wo er sich unberechtigt einen Vermögensvorteil verschafft hat, da handelt es sich bei dem berechtigten Anspruch der Krankenkasse auf Rückzahlung um einen Regress.

Wo der Vertragsarzt aber evtl. vorschriftswidrig gehandelt hat, wo er bspw. ein freiverkäufliches statt eines rezeptpflichtigen Mittels zu Lasten der Krankenkasse verordnet hat, da hat er zwar seinem Patienten eine bessere Gesundheit, sich aber keinen Vermögensvorteil verschafft. Da handelt es sich bei dem einbehaltenen Betrag nicht um einen Regress, es handelt sich um eine Geldstrafe. Darum geht es in der überwiegen Zahl der Fälle.

Die Problematik der sogennten Regresse geht aber weiter:
In anderen Zivil- oder Sozialrechtsstreitigkeiten kann ein behaupteter Anspruch erst vollstreckt werden, wenn er rechtskräftig ist. Wenn dagegen Krankenkassen einen "Regress" geltend machen, wird der von der KV sofort vom Honorar des Arztes abgezogen. Ein Widerspruch oder letztlich eine Klage dagegen haben keine aufschiebende Wirkung. Von Gleichheit im Recht kann da wohl nicht die Rede sein.

Auch gibt es in unserem Grundgesetz das Prinzip der Gleichbehandlung. Demnach müsste man, wollte man von den Kosten ärztlicher Tätigkeit Haftung ableiten, auch andere Berufsgruppen so behandeln: Die Feuerwehrleute müssten für das Löschwasser, die Angehörigen der Bundeswehr für die Munition, der Grenzschutz für die Einwanderer und der Seenotdienst für die Bergungskosten haften.

In seiner Schlussfolgerung allerdings hat Herr Lauterbach allerdings Recht: Diese Geldstrafen, sogenannte Regresse, gehören abgeschafft.

Dr. Klaus Günterberg
Gynäkologe, Berlin

Dr. Karlheinz Bayer 03.09.201309:27 Uhr

nicht weiter als ein Zuckerle von Lauterbach


Sorry, Prof.Karl Lauterbach hat in jahrelanger Kleinarbeit bewiesen, daß er ein gediegener Grund ist, keine Partei zu wählen, die ihn als Gesundheits"experten" und drohenden Minister hat.
Wäre er Verteidigungsministeranwärter, würde er die NATO abschaffen.
Natürlich nur, um gewählt zu werden.

Dieser Wahlkampf zeigt mehr und mehr Stilblüten.

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