Kapitalanlage

Mit dividendenstarken Aktien Strafzinsen ausbremsen

Über zehn Prozent der Banken reichen die Verwahrentgelte der Zentralbank an ihre Kunden weiter. Was können Sparer tun, um Strafzinsen zu umgehen?

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Für hohe Spareinlagen halten jetztviele Banken die Hand auf: Wer zahlt, ist selber schuld.

Für hohe Spareinlagen halten jetzt viele Banken die Hand auf: Wer zahlt, ist selber schuld.

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Neu-Isenburg. Mehr als jede zehnte Bank und Sparkasse in Deutschland gibt die von der Europäischen Zentralbank (EZB) verhängten Negativzinsen auf Einlagen an ihre Kunden weiter. Das zeigt eine Untersuchung des Finanzinformationsdienstes Biallo. Danach erheben 129 von 1200 analysierten Geldhäusern ein Verwahrentgelt auf Spar-, Giro- und Wertpapierverrechnungskonten ihrer Kunden. Anleger können den Gebühren aber entgehen.

Die EZB hält seit 2014 den Leitzins bei null Prozent. Im September wurde nun der Zins für Direkteinlagen von Banken und Sparkassen bei der Zentralbank von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent verschärft. Die EZB will die Institute zwingen, Kapital nicht zu horten, sondern günstige Kredite an Verbraucher und Unternehmen auszureichen und auf diese Weise die Wirtschaft anzukurbeln.

„Falsches Spiel der Banken“

Banken sind gezwungen, die gesetzliche Mindestreserve von einem Prozent aller Kundeneinlagen bei der EZB zu hinterlegen. Dieses Pflichtguthaben ist von den negativen Einlagezinsen ausgenommen. Bei der jetzt erfolgten Erhöhung des Strafzinses auf minus 0,5 Prozent wurde dieser Freibetrag von der Zentralbank auf das Sechsfache der zu hinterlegenden Mindestreserve erhöht. Deshalb hätten Geldhäuser auch keinen Grund, Kunden mit Verwahrgebühren zur Kasse zu bitten, meint Ralph Rickassel, Anlagestratege der Düsseldorfer PMP Vermögensmanagement. „Dies ist ein falsches Spiel der Banken“.

Versprechen Anbieter mit Investments in Gold, Immobilien oder anderen Sachwerten Renditen von zehn und mehr Prozent pro Jahr, ist dies meist zu schön, um wahr zu sein.

Ralph Rickassel

Anlagestratege der Düsseldorfer PMP Vermögensmanagement

Erheben Banken ein Verwahrentgelt, fällt dies meist erst ab Einlagen von 100 000 Euro an. Anleger sollten über das Limit hinausgehende Beträge bei anderen Geldinstituten anlegen. Ohnehin sollten maximal nur 100 000 Euro auf Spar-, Giro- und Wertpapierverrechnungskonten bei einer Bank aufbewahrt werden. „Darüber hinaus gehende Beträge sind nicht von der Einlagensicherung gedeckt und somit im Insolvenzfall des Geldhauses verloren“, sagt Stefan Loipfinger, Inhaber des Finanzinformationsdienstes Investmentcheck.de in Rosenheim.

Kurzfristig benötigtes Kapital sollte auf Tagesgeldkonten geparkt werden, von denen es täglich wieder abgezogen werden kann. Einige ausländische Banken sowie Autobanken bieten hier sogar positive Zinsen, um Neukunden zu gewinnen. Nach der aktuellen Auswertung der FMH Finanzberatung Max Herbst in Frankfurt bietet die Renault Direkt Bank einen Zins von 0,5 Prozent für Neukunden auf Tagesgeldeinlagen von 10 000 Euro. Die italienische Banca Proghetto zahlt sogar 0,7 Prozent.

Nur kurzfristig parken

Langfristig angelegtes Geld sollte in Aktien von Unternehmen investiert werden, die bereits über viele Jahre hinweg dauerhaft Dividenden zahlen. Ideal dafür seien Pharmakonzerne, Hersteller von Nahrungsmitteln und Versicherungen, so Marc-Oliver Lux, Geschäftsführer der Münchner Vermögensverwaltung Lux & Präuner. „Diese Unternehmen verdienen in guten wie in schlechten Konjunkturzeiten Geld und reichen von dem Gewinn Jahr für Jahr einen Großteil an ihre Aktionäre weiter.“

Hingegen lohnen sich Investments in deutsche Staatsanleihen nicht mehr. Ihre Erträge sind durch die Tiefzinspolitik der EZB ins Negative gefallen. Papiere mit zehnjähriger Laufzeit rentierten vergangene Woche bei minus 0,47 Prozent. Anleger würden pro Jahr somit fast ein halbes Prozent ihres angelegten Kapitals dem Bundeshaushalt schenken.

Wollen Anleger ihr Geld dabei über diverse Aktien streuen, können sie zu Fonds oder ETF greifen. Letzteres Kürzel bezeichnet börsennotierte Indexfonds, die passiv einen Index wie den deutschen Dax oder den US-amerikanischen Dow Jones nachbilden. „Daher fallen nur sehr geringe Verwaltungsgebühren an“, sagt Rickassel. „Wer gezielt in einen Index investieren will, kann dies mit einem ETF günstiger als mit einem aktiv gemanagten Fonds darstellen.“

Dubiose Renditeversprechen

„Dagegen sollten Anleger aus Furcht vor Verwahrentgelten nicht auf dubiose Angebote am unregulierten grauen Kapitalmarkt hereinfallen“, warnt Loipfinger. „Versprechen Anbieter mit obskuren Investments in Gold, Immobilien oder anderen Sachwerten Renditen von zehn und mehr Prozent pro Jahr, ist dies meist zu schön, um wahr zu sein.“

Dieser Meinung ist auch Anlageprofi Rickassel: „Besteht Zweifel an der Seriosität einer Anlage, lohnt sich ein Anruf bei der Verbraucherzentrale.“

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