Nacht- und Nebelaktion für die Klinikfinanzen

Lange liefen die Kliniken Sturm gegen die Rotstiftpolitik der Regierung, jetzt ist die Koalition ihnen entgegen gekommen. Aus Sicht der Kliniken ist das jedoch nur ein Teilerfolg.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Der Chirurg bekommt mehr Geld, die Klinik einen Tarifausgleich.

Der Chirurg bekommt mehr Geld, die Klinik einen Tarifausgleich.

© Falk/fotolia.com

BERLIN. Die Opposition schimpft es eine Nacht- und Nebelaktion: Erst gegen 0:50 Uhr in der Nacht von Donnerstag auf Freitag wird das sogenannte Psychentgeltgesetz abschließend im Bundestag beraten.

Eine halbe Stunde Beratungszeit ist dafür vorgesehen. SPD-Politikerin Carola Reimann nennt dieses Vorgehen der Bundesregierung dem Thema "völlig unangemessen". Dafür seien die darin vorgesehen Änderungen zu umfangreich.

Demnach sollen künftig Kliniken die Behandlungen in der Psychiatrie nicht mehr nach der Bundespflegesatzverordnung abrechnen, sondern nach einem neuen leistungsorientierten, pauschalierten Vergütungssystem.

Die Vergütung soll aber nicht über das DRG-System, sondern über Tagespauschalen erfolgen.

Hinter dem sperrigen Namen "Gesetz zur Einführung eines pauschalisierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen" verbirgt sich jedoch noch mehr.

Im Vorfeld hatten die Änderungsanträge zur Krankenhausfinanzierung für erheblichen Wirbel gesorgt. Zuletzt hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sogar mir Protesten gedroht, sollte bei den Kliniken weiterhin der Rotstift angesetzt werden.

CDU-Politiker Lothar Riebsamen verteidigte die Pläne der Koalition: Die Kliniken erhielten 280 Millionen Euro mehr: "Das ist eine deutliche Erleichterung."

"Fairer Lastenausgleich" gefordert

Das sieht die DKG anders: Die Tarifhilfe werde nur ein Drittel der zusätzlichen Kosten aufgefangen. "Die restliche Summe müssen die Kliniken alleine stemmen", sagte Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der DKG.

Auf den letzten Metern ist die Koalition den Kliniken doch noch entgegen gekommen: "Erfreulich ist, dass die angedachte Auswahl eines Krankenhauses durch die Krankenkassen gegen Erlass der Zuzahlung durch den Versicherten ersatzlos gestrichen wurde", so Baum. Auch die Regelungen zu den Mehrleistungsabschlägen wurden entschärft.

Der GKV-Spitzenverband hatte die Aufregung der Kliniken um Kürzungen ohnehin nicht nachvollziehen können: 2012 erhielten die Krankenhäuser noch einmal 2,5 Milliarden Euro zusätzlich.

Das Gesetz soll bereits zum 1. August 2012 in Kraft treten, hieß es aus Koalitionskreisen. Zuvor muss jedoch im Bundesrat beraten werden. Das soll noch im Juli erfolgen.

Keine Abstriche bei der finanziellen Entlastung der Krankenhäuser, das fordert der Marburger Bund.

"Die Krankenhäuser haben Anspruch auf einen fairen Lastenausgleich, das schließt eine vollständige Refinanzierung von Tariferhöhungen ein", sagte MB-Vize Dr. Andreas Botzlar vor der abschließenden Lesung des Psych-Entgeltgesetzes am Donnerstag (14. Juni) im Bundestag.

In diesem Gesetz sind auch Neuregelungen zur Krankenhausfinanzierung enthalten. Diese Regelungen stellen das derzeitige System der Ausgabendeckelung in den Kliniken nicht grundsätzlich in Frage, sehen aber vor, dass mit Hilfe eines Orientierungswertes Kostensteigerungen anteilig berücksichtigt werden.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Entlassmanagement

Wenn die Klinik Faxe in die Praxis schickt

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Dr. med. Gerhard M. Sontheimer (ANregiomed, Region Ansbach) und Holger Baumann (Kliniken der Stadt Köln, v.l.) haben in der Praxis gute Erfahrungen mit Systempartnerschaften gemacht.

© Philips

Mehr Spielraum für moderne Prozesse in der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Philips GmbH Market DACH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein älterer Herr, der einen medizinischen Fragebogen ausfüllt.

© buritora / stock.adobe.com

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Eine Ärztin hält einen Reagenzstreifen zur Analyse einer Urinprobe in der Hand.

© H_Ko / stock.adobe.com

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?