AWMF

Neue Mindestmengen im Gespräch

Bei einer AWMF-Tagung wird das Potenzial von Mindestmengen ausgelotet. Denn die Spielregeln machen bisher Probleme.

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BERLIN. Die Festlegung neuer Mindestmengen zeichnet sich ab. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hat in einer Tagung ihres Arbeitskreises "Ärzte und Juristen" deren Für und Wider erörtert.

Nach Ansicht von Dr. Dominik Roters, Leiter der Abteilung Recht beim Gemeinsamen Bundesausschuss, ist schon dann die Vorgabe einer Mindestmenge sinnvoll, "wenn die Studienlage auf ‚wahrscheinliche Zusammenhänge‘ von Qualität und Menge hinweist".

Vor einer Neuregelung, die der GBA im vergangenen Herbst getroffen hat, war gesetzlich ein "besonderer Zusammenhang" von Menge und Qualität gefordert gewesen. Das jedoch sei juristisch problematisch gewesen, erinnerte Roters.

Ende März habe das Bundesgesundheitsministerium eine Regelung des GBA genehmigt, bei der ein "wahrscheinlicher Zusammenhang" zwischen Behandlungsmenge und Ergebnisqualität der Leistung für ausreichend erachtet wird.

"Wenn es darum geht, die Höhe einer Mindestmenge festzulegen, müsste eine ‚hinreichende Behandlungsroutine‘ gewährleistet sein, um Risiken zu reduzieren und die Patientensicherheit zu erhöhen", so Roters.

Vorbehalte gegen auf statistisches Wissen gestütztes Qualitätsmanagement

Die Umsetzung auch künftiger Mindestmengen werde jedoch gegenwärtig durch Widersprüche zwischen bundesgesetzlichen Vorgaben für die Qualitätssicherung und der Planungshoheit der Länder erschwert.

Weiterhin gebe es Vorbehalte gegenüber einem primär auf statistisches Wissen gestützten Qualitätsmanagement, sagte Professor Friedhelm Hase, Gesundheits- und Medizinrechtswissenschaftler an der Universität Bremen.

Ein angemessenes Verständnis der Mindestmengen werde auch durch ein spezifisches Grundrechtsverständnis blockiert. Dieses entdecke in jeder sozialversicherungsrechtlichen Regelung potenziell einen Eingriff in die Berufsfreiheit der Ärzte, wenn sie zum Ausschluss einer Leistung aus der Gesetzlichen Krankenversicherung führt.

Denn bei den bisher sieben etablierten Mindestmengen-Regelungen hakt es: "Bei Operationen der Bauchspeicheldrüse und der Speiseröhre ließe sich jeder vierte Todesfall vermeiden, wenn höhere, verbindliche Mindestmengen für den behandelnden Arzt und das Krankenhaus gelten und auch durchgesetzt würden", sagte Professor Thomas Mansky, Leiter des Fachgebiets Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen der Technischen Universität Berlin, beim AWMF-Treffen.

Allerdings könnten Mindestmengen methodisch bedingt nicht ausschließlich wissenschaftlich festgelegt werden. Nötig seien somit normative Vorgaben des Gesetzgebers, die die wissenschaftlichen Berechnungen ergänzen. Gelten müssten diese Mindestmengen dann sowohl für den behandelnden Arzt als auch für alle Behandlungsteams, forderte Mansky.

Nötig sei ein Monitoring, damit Mindestmengen nicht dazu führen, dass Krankenhäuser die Zahl der Eingriffe erhöhen, nur um die geforderte Menge zu erzielen, warnten Teilnehmer bei der AWMF-Tagung. (fst)

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