Förderung von Start-ups

Noch viel Luft nach oben

Der Demografiewandel stellt Deutschland vor große Herausforderungen. Die Expertenkommission Forschung und Innovation rät, stärker auf die digitale Karte zu setzen. Digitale Gesundheitslösungen können Alten das Leben erleichtern und gleichzeitig Forschung fördern.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Die Digitalisierung bietet im Gesundheitssektor noch viel Potenzial für Innovationen.

Die Digitalisierung bietet im Gesundheitssektor noch viel Potenzial für Innovationen.

© Billionphotos.com/fotolia.com

Der digitale Wandel bietet Deutschland enormes Potenzial, die Folgen des demografischen Wandels abzumildern. Davon geht zumindest die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) aus, die vergangene Woche ihr Jahresgutachten an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergeben hat.

Deutschland müsse sich in der neuen Legislaturperiode verstärkt den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit stellen, so die Mahnung der Wissenschaftler. "Es sind große Herausforderungen zu meistern, zu denen die Umsetzung von Klimaschutzzielen, der Umgang mit der alternden Gesellschaft, der Aufbau einer zukunftsfähigen Energieversorgung und die Gestaltung des digitalen Wandels gehören", diktierte der EFI-Vorsitzende Professor Dietmar Harhoff Merkel ins Aufgabenbuch.

Wie die EFI in ihrem Gutachten betont, vollzieht sich der digitale Wandel derzeit mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit. Die Leistungsfähigkeit digitaler Technologien steige und erlaube die schnelle Verarbeitung auch großer Datenmengen. Der kostengünstige und leicht skalierbare Zugriff auf IT-Infrastruktur in der Cloud senke die Markteintrittsbarrieren für Start-ups.

Durch Vernetzung und personalisierte Kommunikationsgeräte würden die Zusammenführung von bisher unverbundenen Daten und die Anwendung maschinellen Lernens möglich. "Im Internet der Dinge werden Daten erfasst, deren Verarbeitung neue Anwendungen beispielsweise in den Bereichen Gesundheit, Sport, Logistik, Produktion und Vertrieb unterstützt", heißt es im Gutachten.

Digitale Geschäftsmodelle als Treiber

Ein wesentlicher Treiber des digitalen Wandels liegt aus Sicht der EFI in der Implementierung neuer digitaler Geschäftsmodelle – bereits in ihrem letztjährigen Jahresgutachten hatte die Kommission auf die neuen Geschäftsmodelle der digitalen Wirtschaft im Gesundheitswesen und anderen Sektoren verwiesen.

"Durch die zunehmende Vernetzung werden Dienstleistungen generell noch an Bedeutung gewinnen, während der Wertschöpfungsanteil der reinen Produktionsleistung zurückgehen dürfte", lautet die aktuelle Prognose.

In puncto Innovation betont die EFI, dass Geschäftsmodelle der digitalen Wirtschaft die Eintrittsbarrieren neuer Wettbewerber im Dienstleistungsbereich drastisch reduziert hätten. Das spiegelt sich im Bereich Digital Health wider, in dem viele Start-ups am Markt sind. Gleichwohl plädiert die EFI dafür, dass Deutschland den Anteil am Bruttoinlandsprodukt für Forschung und Entwicklung bis 2025 auf 3,5 Prozent erhöht. 2015 lag der Anteil erstmals bei 3,0 Prozent.

Ruf nach gezielter Forschungsförderung für Start-ups

Die Kommission sieht die Jungunternehmer denn auch als besonders förderwürdige Akteure unter den Innovatoren. "Start-ups tragen in besonderer Weise zur Bewältigung des digitalen Wandels bei. "Die Belange von Start-ups werden in der FuE-Förderung bisher nicht ausreichend berücksichtigt. Die Expertenkommission schlägt vor, das EXIST-Programm um eine weitere Forschungskomponente zu ergänzen", wie im Gutachten zu lesen ist.

Ziel des EXIST-Gründerprogramms des Bundeswirtschaftsministeriums ist es, das Gründungsklima an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu verbessern. Laut EFI sollte die forcierte Förderung auf den schon etablierten EXIST-Gründerstipendien aufbauen und den damit Geförderten die Möglichkeit geben, für kurzfristig anfallende

Forschungsaufgaben beim Aufbau ihrer Unternehmen entsprechende Personalkapazitäten zu finanzieren. Eine weitere Empfehlung lautet daher, in den Fachprogrammen des Bundesforschungs- sowie des Bundeswirtschaftsministeriums verstärkt zu versuchen, die Förderung auf schon im Markt etablierte junge Unternehmen auszurichten.

Dem mit dem Demografiewandel einhergehenden Mangel an qualifizierten Fachkräften und dem damit befürchteten Engpass für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland könnte mittels der Aktivierung stiller Reserven begegnet werden, wie die EFI empfiehlt. Sie geht von einem Potenzial von 200.000 Menschen in Deutschland aus, die trotz gegebener Qualifikation nicht am Arbeitsleben teilnehmen.

Die Einbindung dieser qualifizierten Fachkräfte könnte zur Ausschöpfung des Innovationspotenzials – zum Beispiel in der Digitalisierung – beitragen, so das Kalkül.

Nun bleibt abzuwarten, wie empfänglich die einzelnen Parteien für die EFI-Empfehlungen im Wahljahr sind – und in ihre Forschungspolitik integrieren.

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