Bundesgerichtshof

Okay der Eltern für Fixierung nötig

Es braucht keine richterliche Erlaubnis, um behinderte Kinder in offenen Heimen nachts anzugurten. Die Genehmigung der Eltern reicht aus, so Richter.

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KARLSRUHE. Ob behinderte Kinder in einer offenen heilpädagogischen Heimeinrichtung nachts angegurtet werden dürfen, entscheiden allein die Eltern.

Eine richterliche Genehmigung ist hierfür nicht erforderlich. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Beschluss entschieden.

Im konkreten Fall ging es um ein geistig behindertes, autistisches Kind, das im Jahr 1999 geboren wurde. Seit 2008 lebt es in einem offenen heilpädagogischen Wohnheim. Wegen eines Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) lief das Kind nachts regelmäßig herum.

Zum eigenen Schutz und dem der Mitbewohner wurde es mit einem Bauch- oder Fußgurt am Bett fixiert. Ein kinder- und jugendpsychiatrisches Gutachten bestätigte, dass dies erforderlich sei.

Das Amtsgericht Varel hatte die Fixierung 2009 genehmigt. Die Erlaubnis war auf zwei Jahre befristet. Als diese auslief, beantragten die Eltern eine Verlängerung.

BGH bestätigt Amtsgericht

Doch das Amtsgericht erklärte daraufhin, dass eine Genehmigung gar nicht erforderlich sei. Dies hat der Bundesgerichtshof nun bestätigt. Eltern könnten selbst die Erlaubnis für die Fixierung erteilen.

Eine richterliche Genehmigung sehe das Kindheitsrecht nicht vor. Diese habe der Gesetzgeber bewusst auf Volljährige begrenzt.

Die Eltern könnten sich zudem auf ihr Elterngrundrecht berufen. Danach liege die Erziehung der Kinder primär in der Verantwortung der Eltern. Staatliche Verantwortung und Kontrolle seien eingeschränkt.

Die Kinder seien dennoch nicht ohne Schutz, betonten die Karlsruher Richter. So seien entwürdigende Erziehungsmaßnahmen verboten. Bei Gefährdung des Kindeswohls bestehe zudem die Möglichkeit des Sorgerechtsentzugs.

Ob das Karlsruher Urteil auch auf Kinder in geschlossenen Einrichtungen übertragbar ist, ist offen. (mwo)

Bundesgerichtshof, Az.: XII ZB 559/11

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