Umfrage

Patienten wollen Videosprechstunde, Ärzte warten noch

Eine Mehrheit der Patienten kann es sich vorstellen, per Video mit ihrem Arzt zu kommunizieren – doch die meisten Ärzte bieten das nicht an. Eine Chance für Unternehmen, die nur Online-Sprechstunden anbieten wollen, Ärzten Marktanteile abzunehmen?

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Per Video im Kontakt mit Patienten: Die Versorgung in Heimen kann dadurch effizienter gestaltet werden.

Per Video im Kontakt mit Patienten: Die Versorgung in Heimen kann dadurch effizienter gestaltet werden.

© La-Well Systems GmbH

DÜSSELDORF. Wunsch und Wirklichkeit klaffen bei der Videosprechstunde in Arztpraxen weit auseinander. Nach einer Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank aus dem Frühjahr können sich 56 Prozent der Patienten vorstellen, per Videochat mit ihrem Arzt zu kommunizieren. Und 26 Prozent würden sich dauerhaft eine Online-Sprechstunde wünschen – allerdings nutzen nur zwei Prozent eine solche Möglichkeit. Die Nachfrage ist also vorhanden, doch auf der Angebotsseite der niedergelassenen Ärzte hapert es noch: Denn nur sechs Prozent der Praxen sagen nach einer repräsentativen Forsa-Umfrage in 200 Arztpraxen im Auftrag des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), für sie komme eine Online-Sprechstunde grundsätzlich in Frage. Die unzureichende Vergütung spielte dabei bei den angegebenen Gründen für diese Ablehnung nur bei 19 Prozent eine Rolle.

Vereinfachter Austausch

Immerhin zählen nach in dieser im Frühsommer durchgeführten Studie mehr als drei Viertel der Teilnehmer einen "verbesserten und vereinfachten Austausch mit Patienten" zu den Vorteilen der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Das deutet darauf hin, dass ein Online-Kontakt mit Patienten nicht grundsätzlich abgelehnt wird.

Der technische Aufwand, um die Videosprechstunde anbieten zu können, ist gar nicht so hoch: Um die Sprechstunde auch abrechnen zu können, werden ein Rechner (auch per Handy geht es zur Not) mit Bildschirm, Kamera und Lautsprecher, eine zertifizierte Videokonferenz-Software sowie eine leistungsfähige Internet-Verbindung. Die Software kostet zwischen 40 und 80 Euro im Monat. Dagegen steht eine mögliche Förderung der Videosprechstunde über den EBM von bis zu 800 Euro im Jahr.

Eine Beschreibung dessen, was nötig ist, hat die apoBank in ihrer Broschüre "Digitalisierung in der Praxis" zusammengestellt. Auch die organisatorischen Erfordernisse wie eine Verabredung im Internet (Terminvereinbarung) werden dort beschrieben. Sie sind vielleicht auch der Grund dafür, dass das Instrument des Patientenkontakts noch einige Hürden zu überwinden hat: Im Internet in einem virtuellen Wartezimmer auf den Arzt zu warten, muss vielleicht noch eingeübt werden – die gleichzeitige Einwahl in ein Videokonferenzsystem, in Unterbrechung der laufenden Sprechstunde ist relativ aufwändig organisierbar.

Option für die Heimbetreuung

Videosprechstunden mit Pflegeheimen, in denen mehrere Patienten nacheinander an die Reihe kommen, lassen sich leichter organisieren, als einzelne Videokontakte mit unterschiedlichen Patienten ohne Zeitverlust nacheinander abzuarbeiten. Im Kontakt mit einzelnen Patienten sind daher zeitversetzte Chats in sicherer Umgebung häufig eine Alternative, besonders wenn es nicht um ganz dringliche Probleme geht. Wichtig ist in diesem Fall die Verlässlichkeit: Der Patient muss wissen, dass er innerhalb von einer vorab definierten Zeit Antwort erhält.

"Gerade bei digitalen Versorgungslösungen ist es wichtig, die Vorteile für die Praxisorganisation mehr in den Blick zu rücken", empfiehlt auch Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der apoBank. Das könnte die Hemmschwelle, solche Angebote anzubieten, senken.

Die Modifikation des Verbots der ausschließlichen Fernbehandlung erlaubt es mittlerweile in vielen Kammern, nach ärztlichem Ermessen auch einen Erstkontakt von Patienten per Online-Sprechstunde anzubieten. Ob das ein möglicher Weg ist, zusätzliche Patienten zu gewinnen, die dauerhaft in die Praxis kommen, wird sich noch zeigen. Wenn es niedergelassene Ärzte nicht tun, dann könnten allerdings größere Anbieter versuchen, diese Lücke zu füllen.

Kompetenzzentrum: Bank greift Ärzten digital unter die Arme

Mit der neuen Einheit apoHealth will die apoBank das Thema Digitalisierung für Ärzte greifbar machen.

DÜSSELDORF. Es fällt Heilberuflern nicht leicht, in einem rasant wachsenden Markt mit unzähligen Websites, Portalen und Gesundheits-Apps den Überblick über Angebote der Digitalisierung zu behalten. Gleichzeitig ändert sich die Haltung vieler Patienten: Sie möchten über ihre Gesundheit informiert sein und diese mitbestimmen. Patienten werden somit zu einem wesentlichen Treiber der Digitalisierung.

Um Heilberufler in dieser Entwicklung zu unterstützen, hat die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) Anfang des Jahres das Kompetenzzentrum apoHealth ins Leben gerufen. Hier werden Fragestellungen und Ideen rund um das Thema Digital Health gebündelt, bearbeitet, koordiniert und weitergedacht. Ein interdisziplinäres Team, welches sich aus nahezu allen Bereichen der Bank zusammensetzt und in innovativen Strukturen organisiert, erarbeitet aktuell Lösungen, die Heilberuflern Orientierung und Unterstützung im Arbeitsalltag bieten sollen.

Auf diese Weise könne sich die Bank als strategischer Partner im Themenfeld Digitalisierung positionieren und ihren Kunden helfen, sich im Gesundheitsmarkt zukunftssicher aufzustellen, heißt es in einer Mitteilung der Bank. apoHealth habe es sich zur Aufgabe gemacht, die Digitalisierung erlebbar und anfassbar zu machen.

Eine weitere Initiative von apoHealth ist die Unterstützung des Startupbootcamp Digital Health Berlin. ApoHealth begleitet innovative Startups in einer frühen Phase ihrer Entstehung. Dabei werden ausgewählte Geschäftsmodelle und -ideen durch ein intensives Coaching-Programm in wenigen Monaten zu einem marktreifen Produkt entwickelt. (eb)

Dieser Beitrag erschien mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)

Lesen Sie dazu auch: Interview: "Wir wollen Digitalisierung erlebbar machen"

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