Mieterschutz

Praxis einer Heilpraktikerin muss nicht lukrativerem Neubau weichen

Dem neuen Hauseigentümer bringe der Fortbestand des Mietverhältnisses keinen erheblichen Nachteil, urteilten die Zivilrichter.

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Heilpraktiker-Kunden schätzen die Akupunktur. Der Praxisinhaberin ist es aus Sicht des Landgerichts Oldenburg nicht zuzumuten, neue Praxisräume wegen Abrissabsichten des neuen Vermieters zu suchen.

Heilpraktiker-Kunden schätzen die Akupunktur. Der Praxisinhaberin ist es aus Sicht des Landgerichts Oldenburg nicht zuzumuten, neue Praxisräume wegen Abrissabsichten des neuen Vermieters zu suchen.

© E. Zacherl / stock.adobe.com

Bremen. Eine Heilpraktikerin aus dem niedersächsischen Hude, die in ihrer Wohnung auch ihre Praxis betreibt, hat sich mit Erfolg gegen ihren Vermieter gewehrt. Der wollte sie auf die Straße setzen, um anstelle des bisherigen Gebäudes einen lukrativeren Neubau zu errichten. Damit scheiterte er jedoch vor dem Landgericht (LG) Oldenburg. Das Urteil ist rechtskräftig.

Nach Angaben eines Gerichtssprechers kaufte ein Bauunternehmen 2017 ein Gebäude, in dem die Heilpraktikerin bereits seit über zehn Jahren wohnte und arbeitete. Bald nach dem Erwerb bekam die Mieterin ihre Kündigung. Die Begründung des Unternehmens: Es wolle das bisherige Wohnhaus durch ein Mehrfamilienhaus ersetzen und dadurch monatlich 2500 Euro mehr Miete einnehmen.

„Gewinnoptimierung“ kein Kündigungsgrund

In erster Instanz bestätigte das Amtsgericht Oldenburg die Kündigung. Das LG als Berufungsinstanz entschied jedoch, dass das Interesse der Mieterin, an ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt zu bleiben, „dem Verwertungsinteresse des Vermieters vorgeht“.

Da die Frau die Wohnung auch als Heilpraktiker-Praxis nutze, sei es schwer, angemessene Ersatzräume zu finden. Außerdem habe die Mieterin „ein nachvollziehbares Interesse daran, in der Nähe ihres bisherigen Patientenstammes zu bleiben“.

Dem neuen Hauseigentümer dagegen bringe der Fortbestand des Mietverhältnisses keinen erheblichen Nachteil, urteilten die Zivilrichter. Das alte Gebäude stehen zu lassen, sei nicht unwirtschaftlich. Denn ein Neubau führe nur zu einer „Gewinnoptimierung“ um 2500 Euro pro Monat und wäre zudem mit zwei Millionen Euro Investitionen verbunden.

Dass die Firma das Grundstück extra für eine Neubebauung gekauft hatte, war aus Sicht des Gerichts „nicht von entscheidender Bedeutung, denn sie hat den Kauf in der Kenntnis getätigt, dass das Haus vermietet war, und dieses Risiko bewusst in Kauf genommen.“ (stg)

Landgericht Oldenburg, Az.: 16 S 328/18

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