Rhön drängt in die ambulante Versorgung und wirbt verstärkt um Niedergelassene

Gegen den Widerstand der Niedergelassenen können Klinik-Konzerne nicht in die ambulante Versorgung vordringen. Der Rhön-Konzern geht deshalb mit Kooperationsangeboten auf die Ärzte zu.

Von Antonia von Alten Veröffentlicht:

Klinikbetreiber war gestern. Integrierter Gesundheitsanbieter ist heute. So lautet das Motto der Rhön-Kliniken. Mit aller Kraft versucht Rhön deshalb, in die ambulante Versorgung vorzustoßen. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) haben es dem fränkischen Großkonzern mit einem Gesamtjahresumsatz von 2,13 Milliarden Euro besonders angetan.

Bei der Vorstellung der Bilanzzahlen 2008 (wir berichteten) legte Vorstandsvorsitzender Wolfgang Pföhler sich jetzt auf ein Ziel fest: In den nächsten Jahren will der Konzern die Zahl seiner Kliniken (derzeit 48) erhöhen und parallel dazu die Zahl seiner aufgekauften Kassenarztsitze von derzeit 78 auf 200 steigern.

Rhön erwartet neue Welle von Klinikübernahmen

Im Augenblick tut sich auf dem deutschen Markt nicht viel in Sachen Klinikübernahmen. Doch nach Ansicht Pföhlers wird sich das bald ändern. Spätestens zum Jahresende werden seiner Einschätzung nach die Steuereinnahmen der Kommunen einbrechen und das Interesse der Bürgermeister und Landräte, sich von Zuschussbetrieben wie Krankenhäusern zu trennen, wieder größer werden. "Es wird eine neue Welle geben." Der Rhönkonzern hat jedenfalls schon Geld für weitere Akquisitionen zurückgelegt: 280 Millionen Euro. Das Unternehmen gilt zudem -auch in der Finanzkrise - bei Banken als solider Schuldner und kennt nach eigenen Angaben keine Kreditklemme.

Bis das Übernahmegeschäft wieder boomt, setzt Rhön nach den Worten seines Vorstandsvorsitzenden auf die "gezielte Akquise von Kassenarztsitzen". Allerdings nicht überall und zu jedem Preis: "Wir kaufen dort, wo wir unsere Konzepte umsetzen können. Bei den Preisen lassen wir uns von kaufmännischer Vorsicht leiten."

Derzeit betreibt der Röhn-Konzern 20 MVZ mit 78 Zulassungen. Das Geschäft läuft gut, wenn auch nicht so gut wie vor einem Jahr erhofft: 10 Millionen Euro Umsatz hatte Pföhler für das Jahr 2008 angepeilt, neun Millionen sind es geworden. Doch verglichen mit dem Gesamtumsatz des Konzerns von 2,13 Milliarden Euro ist die Summe gering - weniger als ein Prozent.

Das MVZ-Geschäft läuft nicht so gut wie erwartet.

Um ins ambulante Geschäft einzusteigen, braucht Rhön Kassenarztsitze, denn nur dann können die MVZ ihre Leistungen mit den KVen abrechnen. 78 Arztsitze hat das Unternehmen derzeit, bei 20 weiteren gibt es Verhandlungen.

Doch die Konkurrenz schläft nicht. Auch Asklepios, Helios und Sana haben das Geschäft mit der ambulanten Versorgung entdeckt: Helios hat 23 MVZ, Sana 12 und Asklepios 19, Tendenz überall steigend.

Trotzdem: die Zahl der MVZ in der Trägerschaft von Privatkliniken ist derzeit noch überschaubar. Wie aus den gerade erst vorgelegten neuesten Zahlen der KBV hervorgeht, ist die Zahl der MVZ von Ende Juni bis Ende September 2008 um 64 oder 5,9 Prozent auf 1152 gestiegen. Davon sind 429 (37 Prozent) in Trägerschaft von Krankenhäusern, 55 Prozent in Trägerschaft von Vertragsärzten.

Die Niedergelassenen reagierten zurückhaltend

Die Reaktionen der benachbarten Niedergelassenen auf die Ausbreitungspläne der Kliniken waren in den vergangenen Jahren fast überall zurückhaltend bis ablehnend. An manchen Orten schlossen sich Ärzte sogar gegen die Konzerne zusammen und wiesen ihre Patienten gezielt in andere Krankenhäuser ein.

Schnell wurde klar: Gegen den Widerstand der Niedergelassenen geht es nicht. Rhön hat darauf reagiert und geht auf breiter Front auf die Ärzte zu. Mit der Koordination dieses Projekts betraut hat der Konzern einen prominenten Kopf aus dem Gesundheitswesen: Dr. Christoph Straub, vormals TK-Vize, ist seit November 2008 Vorstand des Klinik-Konzerns und soll die ambulant-stationäre Grund- und Regelversorgung etablieren. Über Infoveranstaltungen versucht er mit den Nachbarn ins Gespräch zu kommen und wirbt für Kooperationen. Sein Fazit nach sechs Monaten: "Wir spüren, dass das Interesse an der Basis an allen Formen der Zusammenarbeit groß ist - an allen unseren Standorten."

Dabei sind Klinik-MVZ, Fach-MVZ und sogenannte "Stand alone"-MVZ laut Pföhler nur "ein Ansatz" möglicher Zusammenarbeit mit den Niedergelassenen, die dort in enger Anbindung an die Klinik tätig werden können - als Angestellte oder als Partner. Der Konzern probiert aber auch andere Formen der Zusammenarbeit. So hat Rhön beispielsweise an der Universitätsklinik Gießen/Marburg ein onkologisches Netzwerk eingerichtet. Neun Kliniken und mehrere niedergelassene Fachärzte können dort mit Hilfe von Telemedizin von der Expertise der Universitätskliniken profitieren.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Angst allein ist kein guter Ratgeber

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