Sozialgericht Berlin kippt Apothekenabschlag

Weil die Schiedsstelle nicht richtig gerechnet hat, droht Apothekern nun eine Rückzahlung.

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Sozialgericht Berlin: Punktsieg für die Kassen im Streit um den Apothekenabschlag.

Sozialgericht Berlin: Punktsieg für die Kassen im Streit um den Apothekenabschlag.

© imagebroker / imago

BERLIN (ami). Im Rechtstreit um den Apothekenabschlag siegen die Krankenkassen in erster Instanz. Das Sozialgericht Berlin hat den Schiedsspruch für 2009 aufgehoben.

"Es ist ein gravierender Fehler der Schiedsstelle gewesen, nur die gestiegenen Personal- und Sachkosten der Apotheken zu berücksichtigen, nicht aber auch die Steigerung der Einnahmen durch vermehrte Packungsverkäufe", so das Gericht.

Die Schiedsstelle hatte eine Steigerung der Personalkosten um 2,38 Prozent zum Ansatz gebracht. Der GKV-Spitzenverband verwies nun im Gerichtsverfahren auf Umsatzsteigerungen von 5,69 Prozent.

"Mit Blick auf die Erhöhung des Umsatzes wäre eine Absenkung des Abschlags nur in deutlich geringerem Umfang gerechtfertigt gewesen", so das Gericht. Der Schiedsspruch verletze den vom Gesetzgeber vorgegebenen Bewertungsmaßstab. Ausschlaggebend sei die Summe der Vergütungen für die Leistungen aller Apotheken bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten.

Für den Schiedsspruch, der nun neu festgesetzt werden muss, fordert das Sozialgericht, dass das Verhältnis von Umsatzerlösen und Gewinnen zusätzlich berücksichtigt wird. Rund 320 Millionen Euro schulden die Apotheker nach dem Richterspruch den Krankenkassen.

Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Sprungrevision zum Bundessozialgericht ist zugelassen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) zeigte sich zuversichtlich, dass das Urteil im Revisionsverfahren von der nächsten Instanz aufgehoben wird. Denn das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte dem Antrag des GKV-Spitzenverbands bereits im Eilverfahren eine klare Absage erteilt.

Der Rechtstreit um den Apothekenabschlag dauert bereits seit Ende Januar 2010 (wir berichteten). Der GKV-Spitzenverband hatte gegen die per Schiedsspruch festgelegte Absenkung des Apothekenabschlags von 2,30 auf 1,75 Euro geklagt.

Dem erstinstanzlichen Urteil im Hauptsacheverfahren waren bereits zwei Entscheidungen in Eilverfahren vorausgegangen. Zuletzt hatte alles darauf hingedeutet, dass die Gerichte sich auf die Seite der Schiedsstelle und des beigeladenen Deutschen Apothekerverbands schlagen würden. Denn das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte zugunsten der Apotheker entschieden.

Der jetzt erfolgte Richterspruch in der Hauptsache gilt für den Apothekenabschlag 2009. Für 2010 hat er keine Gültigkeit. Für dieses Jahr sieht das Sozialgericht Berlin Krankenkassen und Apotheker in der Pflicht zu Verhandlungen.

Mit dieser Entscheidung erteilte das Gericht dem GKV-Spitzenverband einen Abschlag auf seinen Antrag gerichtlich festzustellen, dass bei der Anpassung für 2010 wieder vom gesetzlichen Wert für 2008 auszugehen sei.

Das Gericht wies außerdem ausdrücklich darauf hin, dass die Schiedsstelle bei der Neufestsetzung des Schiedsspruchs für 2009 nicht daran gehindert sei, eine Absenkung des Abschlags zu erwägen. Begründung: Angesichts des erhöhten Umsatzes würde der vom Gesetzgeber mit dem Apothekenabschlag bezweckte Einspareffekt auch mit einem reduzierten Abschlagsbetrag erreicht werden.

Die Absenkung um 24 Prozent gegenüber 2008 verlässt nach Auffassung des Gerichts jedoch den gesetzlichen Rahmen. Das hätte sich der Schiedsstelle angesichts der im Verhältnis zur Umsatzsteigerung relativ geringen Kostensteigerung aufdrängen müssen, so das Gericht.

Az.: S 73 KR 135/10

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