Stempel fürs Bonusheft - dürfen Ärzte Geld dafür verlangen?

Dürfen Ärzte für das Abstempeln von Bonusheften Geld verlangen? Die Diskussionen darüber sind in jüngster Zeit wieder entbrannt. Die Kassen wehren sich gegen eine Liquidation durch die Ärzte, weil "das den Bonus für die Patienten auffrisst".

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:

Die Krankenkassen sahen es bisher nie gerne, wenn Ärzte die Bescheinigung von Untersuchungen in den Bonusheften in Rechnung stellten. Ihr Argument: Nach dem Bundesmantelvertrag seien kurze Bescheinigungen oder Auskünfte von dem Vertragsarzthonorar umfasst. Für sie könnten Praxischefs deswegen keine Extra-Vergütung, auch nicht nach GOÄ, verlangen. Die Kassen wehren sich gegen eine Liquidation durch die Ärzte, weil "das den Bonus für die Patienten auffrisst", sagt zum Beispiel Stefan Eckerlein vom BKK-Landesverband Hessen.

Die Verbände der Krankenkassen in Hessen machten Ende 2008 die KV auf einen Beschluss der Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger aufmerksam. In ihm wird eine einheitliche Verfahrensweise vorgeschlagen - und zwar in die Richtung, dass Ärzte das Abstempeln von Bonusheften nicht mehr privat liquidieren sollen.

Trotz dieser Umsetzungsempfehlung sieht sich die KV Hessen bislang aber nicht dazu veranlasst, den hessischen Verträgsärzten die Rechnungsstellung für Bonusheft-Bescheinigungen zu verbieten. Im Februar 2009 beschäftigte sich der beratende Fachausschuss Hausärzte ausführlich mit dem Thema und kam zu dem Schluss: "Die KV Hessen hält nach wie vor an ihrer Meinung fest, dass die Bescheinigung von ärztlichen Untersuchungen in Bonsusheften nicht mit der vertragsärztlichen Vergütung abgegolten sind." Und: "Demnach kann für das Abstempeln und Unterzeichnen von Bonusheften eine Privatliquidation gemäß GOÄ Nr. 70 bzw. Nr. 75 ausgestellt werden." Zudem, erklärt KV-Vize Dr. Gerd W. Zimmermann, seien die Aufsichtsbehörden, die den genannten Beschluss getroffen haben, für die KVen nicht zuständig.

Eine Privatliquidation hält auch die KV Bayerns nicht für generell ausgeschlossen - allerdings mit kleinen Einschränkungen. Für aktuelle, einfache Bescheinigungen, die durch "einfaches Ankreuzen mit Stempel und Unterschrift erfolgen", können Ärzte ihrer Auffassung nach keine Extra-Vergütung von Patienten verlangen. Dagegen könnten "Wunschbescheinigungen sowie rückwirkende Bestätigungen, die der Arzt auf Verlangen des Patienten ausstellt", gegenüber GKV-Versicherten privat liquidiert werden, "weil sie einen Rechercheaufwand auslösen und über das übliche Maß hinausgehen".

Offenbar fordern inzwischen einige Kassen ihre Versicherten dazu auf, anstelle des Ausfüllens der Bonushefte von dem Arzt eine Patientenquittung zu verlangen. Nach Paragraf 305 SGB V müssen Ärzte auf Verlangen der Patienten "schriftlich in verständlicher Form" über die zu Lasten der Kassen erbrachten Leistungen unterrichten. Dafür können Praxischefs von dem Patienten eine Aufwandspauschale von einem Euro zuzüglich der Versandkosten verlangen.

Auf eine Anfrage eines Arztes hin beschäftigte sich die KV Hessen mit der Rechtmäßigkeit einer solchen Forderung. Ihr Schluss: Dem Patienten könne eine solche Quittung nicht mit rechtlichen Argumenten verweigert werden.

Lesen Sie auch: Einheitliche Vergütung für HIV-Versorgung Gemeinschaftspraxen erhalten Zuschläge auf ihr Budget

Lesen Sie auch die Glosse: Schwester Agnes - wir sind dann mal weg!

Lesen Sie auch den Kommentar: Mit spitzer Feder: Wer sichert in Zukunft die Versorgung in der Fläche?

EBM + GOÄ: PKV übernimmt Kosten der SAPV Laborziffern für Komplexleistungen Zweitmeinung: Geld für Anträge geplant

EBM-Splitter: Abrechnung bei Schweinegrippe Arztfall für Laborbonus wichtig Anpassungen bei EBM-Bewertungen

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Dr. Uwe Wolfgang Popert 25.06.200900:29 Uhr

skandalöse Zeitverschwendung

Inhalt und Struktur der Bonusheftchen machen deutlich : hier handelte sich um eindeutige Marketing- Maßnahmen. Dafür die Beiträge der Versicherten zu verschwenden, ist schlimm genug. Dafür die knappe Arbeitszeit von Arzt und Praxispersonal zu verschwenden, ist ein Skandal. Politiker, die so etwas dulden, demonstrieren ihre Inkompetenz.
UP

Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Primärprävention

Empfehlungen aktualisiert: LDL-Cholesterin wann und wie senken?

Nutzenbewertung

IQWiG erkennt keinen Zusatznutzen für Alzheimer-Antikörper Lecanemab

Lesetipps