Nahrungsergänzungsmittel
Volle Steuer für vollmundige Werbung
Bewirbt ein Hersteller ein Nahrungsergänzungsmittel wie ein Arzneimittel, muss er auf seine Verkäufe auch den vollen Mehrwertsteuersatz abführen, so ein Urteil.
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Wird ein Nahrungsergänzungmittel als Arzneimittel beworben, muss der Hersteller dafür den vollen Umsatzsteuersatzsatz von 19 Prozent abdrücken.
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MÜNCHEN. Eine hoch dosierte Vitamin- und Nährstoffmischung kann fiskalisch als Arzneimittel klassifiziert werden – auch wenn sie nicht als Arzneimittel zugelassen ist. Sie unterliegt dann der vollen Umsatzsteuer von 19 Prozent. Das ist laut einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs dann der Fall, wenn das Präparat nach Herstellerangaben gegen bestimmte Krankheiten helfen soll.
Konkret ging es um Kapseln mit Vitaminen und Spurenelementen. Laut Packungsbeilage handelt es sich um eine „ergänzende bilanzierte Diät für Erwachsene zur diätetischen Behandlung bei altersabhängiger Makuladegeneration“. Der Hersteller meint, die Kapseln seien eine „Lebensmittelzubereitung“ und unterlägen daher wie Lebensmittel dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Das Finanzamt hingegen stufte die Kapseln als Arzneimittel ein, auf die der Umsatzsteuer-Regelsatz von 19 Prozent erhoben wird.
Wirkmechanismus zweitrangig
Der BFH gab nun dem Finanzamt Recht. Für die Einordnung als Arzneimittel müsse kein konkreter „Wirkmechanismus“ beschrieben sein. Auch müsse das Finanzamt die Herstellerangaben nicht prüfen oder gar die Wirksamkeit des Mittels belegen.
Entscheidend sei, ob der Hersteller selbst auf der Verpackung, dem Etikett oder im Beipackzettel „seinen Zubereitungen bezüglich bestimmter Krankheiten therapeutische oder prophylaktische Eigenschaften zuschreibt“. Daran müsse er sich dann festhalten lassen.
Im Streitfall habe der Hersteller die altersabhängige Makuladegeneration benannt. Dies gehe deutlich über auf Nahrungsergänzungsmitteln übliche Angaben wie „für die gesunde Sehkraft“ hinaus. Nach Einschätzung des BFH steht der Beipackzettel allerdings in einem gewissen Widerspruch zu Angaben auf der vom Finanzgericht Hannover beigezogenen Verpackung. Daher soll die Vorinstanz den Fall nun nochmal prüfen. (mwo)
Bundesfinanzhof
Az.: VII R 9/17