Zahnarzt beobachtet Mitarbeiterinnen

Voyeurismus kostet Zulassung

Ein Zahnarzt in Thüringen, der seine Mitarbeiterinnen sechs Jahre lang heimlich im Umkleideraum gefilmt hatte, muss nun endgültig seine Zulassung abgeben.

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Filmverbot: Aufnahmen in der Umkleide von Mitarbeiterinnen sind tabu.

Filmverbot: Aufnahmen in der Umkleide von Mitarbeiterinnen sind tabu.

© kebox / Fotolia

KASSEL. Wer als Praxisinhaber seine Mitarbeiterinnen in der Umkleide heimlich filmt, riskiert – neben arbeitsrechtlichen Konsequenzen – auch seine Zulassung. Es liegt ein grober Verstoß gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten vor, urteilte am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel abschließend über den Fall eines Zahnarztes.

Die Mitarbeiterinnen hatten 2012 bemerkt, dass ihr Chef sie am Computer beobachtet, und dann auch die Kamera entdeckt. Später wurden über 3000 Videodateien gefunden. Die Mitarbeiterinnen stellten Strafanzeige und verlangten vor dem Arbeitsgericht ein Schmerzensgeld. Das Amtsgericht Gera verurteilte den Zahnarzt zu zwei Jahren und vier Monaten Haft.

Dieses Urteil wurde aber dann doch nicht rechtskräftig. Die Mitarbeiterinnen zogen im Zuge eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs ihre Strafanzeige zurück. Allerdings hatten die heimlichen Aufnahmen auch sozialrechtliche Konsequenzen. Der Berufungsausschuss der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringen entzog ihm die Vertragszahnarzt-Zulassung.

Arzt wehrte sich

Der Zahnarzt beanstandete diesen zunächst vom Thüringischen Landessozialgericht bestätigten Zulassungsentzug und zog vor das Bundessozialgericht (BSG). Es gebe keine rechtskräftigen strafrechtlichen Feststellungen zu den Vorwürfen, die einen Zulassungsentzug rechtfertigten, so sein Argument.

Sein Anwalt hob vor dem nun BSG hervor, auch das Sozialgericht Gotha und das Landessozialgericht Erfurt hätten keine eigenen Feststellungen getroffen. So sei es unzutreffend, dass es auch Aufnahmen unter der Dusche gebe.

Das BSG betonte allerdings, dass die Zulassungsgremien Erkenntnisse aus einem strafrechtlichen Verfahren auch dann verwerten dürfen, wenn es nicht zu einem rechtskräftigen Urteil kommt. Danach sei jedenfalls der Kern der Vorwürfe klar und auch unbestritten, und es liege ein grober Pflichtverstoß vor.

Im Kern seien die Vorwürfe klar und unbestritten. Die Richter bekräftigten, dass ein Pflichtverstoß auch außerhalb des unmittelbaren Bereichs der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung liegen kann. Hier habe der Mann die Privat- und Intimsphäre der Mitarbeiterinnen grob verletzt; sie seien teils erheblich traumatisiert.

Dies sei keine Bagatelle und auch strafrechtlich von Gewicht. Es liege ein grober Pflichtverstoß vor, der zwangsläufig zu einem Zulassungsentzug führt. Das Vertrauen in die weitere vertragszahnärztliche Tätigkeit des Zahnarztes sei „nachhaltig zerstört“ worden. (mwo)

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