Umfrage

Warum die Allgemeinmedizin für viele Studierende unattraktiv ist

Deutschland braucht mehr Allgemeinmediziner. Doch viele Medizinstudierende haben keine Lust darauf. Eine Umfrage zeigt, warum.

Veröffentlicht:
Ein Patient wird abgehört: Den Job als Hausarzt wollen viele Studendierenden nicht machen.

Ein Patient wird abgehört: Den Job als Hausarzt wollen viele Studendierenden nicht machen.

© W. Heiber Fotostudio / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Der Kern der Studenten, die sich stark für die Allgemeinmedizin interessieren, liegt zwar seit Jahren konstant bei rund 10 Prozent. Das aber reicht nicht aus, um den Bedarf an Hausärzten auch in Zukunft zu decken.

Bund und Länder wollen in den nächsten Monaten den "Masterplan Medizinstudium 2020" erarbeiten und das Medizinstudium damit reformieren. Ziel ist es, die Allgemeinmedizin zu stärken und dem sich verschärfenden Landarztmangel entgegenzuwirken.

Aber woran liegt es, dass viele Medizinstudenten nicht Hausarzt werden wollen?

Das "Berufsmonitoring 2014 " der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) liefert Antworten und stellt fest: "In jedem Fall muss die Allgemeinmedizin stärker beworben werden." Das Imageproblem des Faches sehe man mit großer Sorge, heißt es weiter.

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Das Gros der 2182 Befragten hat schlichtweg kein Interesse an der Arbeit als Allgemeinmediziner (69,5 Prozent). Knapp jeder Fünfte (19,3 Prozent) begründet seine ablehnende Haltung damit, dass Hausärzte "schlecht bezahlt" würden.

Nur 2,8 Prozent führten an, die Ausbildung dauere zu lange. Eine "schlechte Koordination" führten 8,1 Prozent als Haupt-Gegenargument an. (sts)

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Kommentare
Dr. Richard Barabasch 06.04.201613:17 Uhr

Und angesichts dieser FAKTEN wird visioniert und visioniert

. . . und Visionen sind W Ü N S C H E !!! Mir ist als Vollbluthausarzt mit Niederlassung 4/72 (und immer noch im Alltag "voll drin") zunhemend mulmig und unverstehbar, wie "die Politik" nicht nur, sondern auch der Hausärzteverband, Herr Gerlach (sogar als Vorsitzender im Rat ) sich zunehmend in den letzten Jahren von der Re-Alität entfernt haben und weiter entfernen und keine Bereitschaft zeigen, das zu akzeptieren, "was Sache" ist. Da wird ein LeuchtturmProjekt nach dem anderen gefeiert - was soll das ! Auch die ""Weiterbildungsverbünde" bringen nur lokale Effekte im "Unter-10-Prozent-Bereich" und draussen wogt das Leben und schwinden die Hausärzte täglich. Unaufhaltsam, da die banalen Gründe nicht akzeptiert werden wollen,
dabei wäre es so einfach, Herr Volkmann hat einen sinnvollen und eindeutigen Beitrag geschrieben,
meint
R.B.

Dr. Dr. Peter Volkmann 06.04.201612:08 Uhr

Horrortrip Ausbildung zum Allgemeinmediziner

Das, was die Medizinstudenten in der Befragung anführen, ist alles richtig und wichtig, stellt aber nicht die ganze Wahrheit dar.
Merkwürdigerweise haben Öffentlichkeit und Gesundheitspolitik nicht realisiert, welche extremen Hürden sich im Ausbildungsgang Allgemeinmedizin auftürmen. Sich zum Allgemeinmediziner ausbilden zu lassen, ist deutlich schwerer, als den Internisten oder Orthopäden anzustreben.
Ich selbst bin seit 1987 niedergelassener Allgemeinmediziner, erlebe die heutige Ausbildung aber hautnah bei meinem Sohn, der sie gerade in vollen Zügen genießt.

- Während man sich z.B. als angehender hausärztlicher Internist nur für eine einzige Krankenhausstelle bewerben braucht, muss man als zukünftiger Allgemeinarzt mindestens 4 Bewerbungsverfahren durchstehen (z.B. Chirurgie, Orthopädie, Allgemeinmedizin, Innere Medizin). Zusätzlich müssen noch diverse Kurse z.B. in Kindermedizin und Psychosomatik belegt werden, die der junge Kollege teilweise aus eigener Tasche bezahlen muss.
- Natürlich ist es nicht möglich, diese 4 Ausbildungsteile nahtlos aneinander zu fügen.
Folge: bei jedem Übergang gehen dem angehenden Kollegen mehrere Monate verloren. Dies macht nicht nur die Ausbildung länger, es führt auch zu massiven Einkommensverlusten, denn der junge Arzt hat keine Möglichkeit in diesen Übergangszeiten als Arzt zu arbeiten.
- Die Weiterbildungszeiten in der Praxis sollen im Prinzip mit 3.500 € pro Monat gefördert werden. Dies hat aber in der Vergangenheit in Berlin überhaupt nicht funktioniert: in den ersten 18 Monaten Ausbildungszeit meines Sohnes, wurden insgesamt nur 2 Monate gefördert! Die restlichen 16 Monate habe ich finanzieren müssen, was, wenn man nur den Nettowert berücksichtigt, einer Summe von ca. 40.000 € entspricht! Welcher Jungmediziner, ohne gutverdienenden Vater im Hintergrund, kann sich so etwas leisten?
- Mein Sohn hat sich mit guten Zeugnissen, gutem Auftreten und ehrlichen Aussagen für internistische Stellen beworben. Obwohl er mehrere Bewerbungsverfahren hatte, bekam er keine Zusage, was eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass die Chefärzte natürlich lieber Ärzte einstellen, die Internisten werden wollen und ihnen für mindestens 5 Jahre erhalten bleiben. Ich würde das als Chefarzt auch nicht anders halten.
- Last but not least: die Berliner Ärztekammer hat alles getan, um meine Weiterbildungsermächtigung von 18 Monaten (die ich seit 25 Jahren besitze) auf 12 Monate zu reduzieren. Das bedeutet für meinen Sohn, dass er sich eine weitere Ausbildungspraxis für 6 Monate suchen muss. Wer aber gibt einem jungen Kollegen eine Ausbildungszusage für diesen kurzen Zeitraum?

Zusammenfassend muss gesagt werden, dass der Ausbildungsgang des Allgemeinarztes extrem umständlich, unnötig lang und unverschämt teuer ist.
Hat sich die Gesundheitspolitik diesen Aspekt eigentlich schon einmal klar gemacht?

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