Generationenkonflikt
Wenn Dr. Opa vom "Krieg" erzählt
Haben Ärzte früher mehr gearbeitet? Junge Mediziner wehren sich gegen ewige Anschuldigungen.
Veröffentlicht:ERFURT. In der Diskussion mit Kollegen habe sie früh gemerkt, dass ihre Generation "feminisiert und schwierig" sei. Das sagte Dr. Leonor Heinz, Ärztin in Weiterbildung, in einem ironischen Vortrag zur Frage, welche Einflussmöglichkeiten die junge Generation auf eine nachhaltige Berufszufriedenheit habe.
"Die Alten erzählen von den 80er Jahren wie vom Krieg", formulierte sie. "Davon, wie man sich aufgeopfert hat für die Patienten." Dabei bleibe allerdings unerwähnt, dass das damals nicht aus reiner Motivation geschehen sei, sondern weil es einfach keine andere Wahl gegeben habe. "Wer nicht gespurt hat, war schnell weg vom Fenster", stellte Heinz nüchtern fest. Sie ist den ewigen Generationenstreit leid. "Verschont uns bitte mit solchen Anwürfen, dass wir nur Freizeit haben und Kinder kriegen wollen", appellierte sie halb lustig, halb ernst gemeint an die älteren Kollegen. "Wir wollen für unsere Patienten da sein. Doch das Gesundheitssystem treibt uns in die Verzweiflung." Das System verglich sie mit einer auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Maschine – und die Ärzte seien die Heizer, die nur fleißig Kohle ins Feuer schaufeln sollten.
Florian Vollrath, Arzt in chirurgischer Weiterbildung am Helios Park-Klinikum, stellte die Arbeitsgemeinschaft Zukunft in der Chirurgie vor, die flexiblere Arbeitsmodelle für Assistenzärzte erarbeitet hat. Vollrath, der mit seiner Frau drei Kinder hat, sagte, er sei dankbar für die Möglichkeit, auch mal im Home-Office ein paar Arztbriefe schreiben oder eine Videokonferenz halten zu können. Sein Vortrag stieß bei einem Vertreter des Marburger Bundes auf Kritik, der darauf hinwies, dass die konsequente Vermischung von Berufs- und Privatleben auch Gefahren berge.
Generell herrschte beim Dialog mit jungen Ärztinnen und Ärzten der Bundesärztekammer Konsens darüber, dass Junge wenig Lust dazu hätten, sich noch über die anstrengende Weiterbildung hinaus in den Selbstverwaltungsgremien zu engagieren. Hier brauste BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery auf: "Wir alten Säcke wissen nicht, was wir ändern sollen! Das müssen Sie uns sagen!" Eine andere Teilnehmerin betonte, es gebe auch eine Bringschuld der Jungen ihrer Kammer gegenüber. (aze)