Anlagen-Kolumne

Zeitenwende - Vorsicht, Sparbuch!

Die Finanzkrise hinterlässt Spuren - auch bei den Anlegern. Sie setzen offenbar zunehmend wieder auf das Sparbuch. Ein Irrtum, der teuer werden kann.

Von Gottfried Urban Veröffentlicht:

Der Krisenmodus der Notenbanken und der Politik in Sachen Euro hat massive Auswirkungen auf das Anlegerverhalten.

In Anbetracht dieser Entwicklung erscheinen die Investitionspräferenzen vieler Anleger durchaus fragwürdig: Wie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband jüngst vermeldete, ist das Sparbuch wieder die beliebteste Anlageform für die Altersvorsorge.

Vor der Renten- und Lebensversicherung liegt es nun wieder auf Platz eins. Aus der Erfahrung sucht man Sicherheit fürs Geld. Womöglich vernichten Sparer aber mit der Anlage auf dem Sparbuch bis zum Ruhestand damit inflationsbereinigt einen großen Teil ihres Kapitals.

Europa könnte in den kommenden Jahren eine ähnliche Entwicklung nehmen wie die USA zwischen 1945 und den 1970er Jahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die USA mit einer Schuldenquote von etwa 140 Prozent zu kämpfen.

Regierung und Notenbank entschlossen sich deshalb, die Zinsen möglichst niedrig zu halten. Obwohl die Schulden nominal nicht verringert wurden, konnte die Schuldenquote deutlich reduziert werden, denn die Wirtschaftsleistung stieg nominal stärker als der Schuldenberg.

Dazu sind zwei Komponenten notwendig: Die Inflation muss über dem Zins fürs Geld liegen damit die Schuldenfinanzierung billig bleibt. Andererseits muss die Wirtschaftsleistung gesteigert werden, wenn nicht real, dann zumindest nominal.

Wichtig ist nur, dass die Inflation nicht explodiert und politisch vermarktbar bleibt. Für Privatanleger waren in dieser Phase weder am Geldmarkt noch mit anderen als sicher geltenden Zinsanlagen für lange Zeit inflationsbereinigt Erträge zu erzielen.

Die Angst vor starken Schwankungen ist aktuell so groß, dass auch institutionelle Anleger wie Versicherungen oder Pensionskassen große Mengen am Geldmarkt parken, wie eine Studie von Union Investment zeigt.

Sie verringerten in den vergangenen zwölf Monaten ihre Rentenpapierbestände um 28 Prozent. Ihre Aktienquote wurde 2012 auf deutlich unter zehn Prozent zurückgefahren, stattdessen stiegen zum einen ihre Immobilieninvestitionen um etwa zehn Prozent auf jetzt etwa 15 Prozent an.

Zum anderen sind institutionelle Investoren momentan am Geldmarkt sehr aktiv. Dort haben sie ihr Engagement sogar auf etwa 25 Prozent verdoppelt. Dabei erhalten die Institutionellen für Tagesgeld unter 0,10 Prozent Zinsen.

Zusammengerechnet mit den Rentenbeständen können damit nicht einmal die laufenden Kosten der Kapitalverwaltung durch Zinsen erwirtschaftet werden.

Auf Dauer können es sich institutionelle Anleger nicht leisten, so stark im Geldmarkt investiert zu bleiben. Ihr Anlagedruck steigt. Zahlreiche institutionelle Investoren befinden sich also auf der Lauer und werden demnächst wohl weitreichende Anlageentscheidungen treffen müssen.

Die Frage ist nur: In welche Anlageklassen werden sie investieren? Angesichts des meiner Meinung noch sehr lange andauernden Zinstales scheint es ausgeschlossen, dass die Institutionellen zu Rentenpapieren zurückkehren.

Es ist durchaus vorstellbar, dass die Aktienkurse deshalb nach größeren Umschichtungen der institutionellen Investoren in den nächsten Jahren stark steigen. Privatanleger sollten dies bedenken. Wir erleben aktuell eine dramatische Zeitenwende.

Vom Sparbuch als Altersvorsorgelösung können sich Anleger getrost verabschieden. Die Kapitalmarktgeschichte zeigt, dass es lange Phasen von negativem Realzins geben kann. Geschichtliche Fehler sollten nicht wiederholt werden.

Schlagworte:
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“