Mikrobizide sollen Frauen beim Schutz vor HIV unabhängig machen

WIEN (awa). Mikrobizide als Creme, Gel oder Zäpfchen vaginal appliziert sollen Frauen vor HIV schützen und sie unabhängig von den schützenden Maßnahmen der Männer machen. Einige mikrobizide Substanzen haben bereits die klinische Phase I oder II hinter sich.

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Die Präparate zerstören oder inaktivieren das Virus, bilden eine Sperre zwischen Virus und Schleimhaut oder hemmen das bereits in die Zelle integrierte Virus. In den nächsten fünf bis zehn Jahren könnte ein erstes Mikrobizid verfügbar sein.

Angesichts der weltweit steigenden Zahl der HIV-Neuinfektionen vor allem bei Frauen, die sich über heterosexuelle Kontakte infizieren, sei es dringend nötig, alternative Methoden zum Kondom zu entwickeln, und so die Kontrolle über das Schutzverhalten den Frauen zu überlassen, forderte Dr. Brigitte Schmied aus Wien, Präsidentin des 2. Gemeinsamen Deutsch-Österreichischen Aids-Kongresses in Wien. Eine solche vor HIV-Infektion schützende Methode sei zum Beispiel ein vaginal appliziertes Zäpfchen.

Bisherige Mikrobizide waren zwar häufig gegen das HI-Virus wirksam, aber zugleich zu aggressiv gegen die empfindliche Vaginal-Schleimhaut. Schleimhaut-Läsionen sind neue Eintrittspforten für das Virus und erhöhen sogar die Ansteckungsgefahr. Das Spermizid Nonoxynol-9 wurde als erstes Anti-HIV-Mikrobizid getestet, fiel jedoch in der Phase III durch, da es HIV-Infektionen nicht verhinderte, sondern sogar die Infektionsrate erhöhte.

Jetzt gibt es Schmied zufolge mehrere Kandidaten und vielversprechende Ergebnisse aus Phase-I/II-Studien. In künftigen großen Phase-III-Studien ist den bisherigen Daten zufolge mit einem 60prozentigen Schutz zu rechnen. "Selbst ein Gel oder Zäpfchen, das nur zu 60 Prozent wirksam wäre und nur von 20 Prozent der Frauen genutzt würde, könnte innerhalb von drei Jahren 2,5 Millionen HIV-Infektionen verhindern", sagte Schmied.

Ein Beispiel ist das Spermizid BufferGel, ein Gel auf wässriger Basis. Es tötet außer dem HI-Virus auch Herpes-simplex-Virus Typ 2 und hemmt zudem Chlamydia trachomatis und das Humane Papilloma-Virus. Ein anderer Ansatz wird mit Beta-Cyclodextrin verfolgt, das die Zellwanderung behindert und bei Mäusen die vaginale HIV-Übertragung verhindert.

Als unsichtbares Kondom gilt ein Gel, das Natrium-Lauryl-Sulfat enthält. Und das in Gel gelöste HIV-Medikament Tenofovir wird derzeit als Mikrobizid in Phase-II-Studien geprüft.

Schmied rechnet in den kommenden fünf bis zehn Jahren mit einem erstens marktreifen vaginal anzuwendenden Mikrobizid. Mikrobizide seien leicht herzustellen, deshalb relativ preiswert und somit hoffentlich auch für Frauen in Entwicklungsländern zugänglich, so die Ärztin.

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