Bei Mukoviszidose gibt’s nicht zuviel, sondern zuwenig Mucin

BERLIN/MARBURG (gvg). Der Schleim, der bei Mukoviszidose-Patienten die Atemwege verstopft, birgt noch Überraschungen: Anders als bisher angenommen, scheinen Mukoviszidose-Patienten von wichtigen Schleimbestandteilen, den Mucinen, nicht zuviel, sondern eher viel zuwenig zu produzieren.

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Mucine sind Eiweißstoffe, die vom Bronchialepithel produziert werden und die den Atemwegs-Schleim zäher (viskoelastischer) machen. Sie tragen wesentlich zur Schutzfunktion bei, die dem Schleim in den Atemwegen zukommt. Wegen der Assoziation von Mucin mit Zähigkeit war man bisher davon ausgegangen, daß in den Atemwegen von MukoviszidosePatienten zuviel Mucin produziert wird. Es werden sogar Medikamente entwickelt, die die Mucinproduktion der Atemwegsepithelien bremsen oder das Mucin zerlegen sollen.

      Mucingehalt im Atemwegs-Schleim wurde bislang nicht gezielt geprüft.
   

Tatsächlich hat bisher niemand gezielt den Mucingehalt im Schleim des Atemwegsepithels von Mukoviszidose-Patienten untersucht, wie Dr. Markus Henke von der Philipps-Universität Marburg sagt. Wider Erwarten ist der - wie bereits kurz berichtet - offenbar sehr gering: "Bei mehr als 35 Patienten, bei denen wir den Schleim bisher analysiert haben, lag der Mucingehalt im Durchschnitt um siebzig bis neunzig Prozent unter dem bei gesunden Kontrollpersonen", so Henke zur "Ärzte Zeitung".

Die Forschungsergebnisse sind jetzt auch in der Fachzeitschrift "American Journal of Respiratory Cell and Molecular Biology" (31, 2004, 86) veröffentlicht.

Möglicherweise, so eine Hypothese des Marburger Forschers, führe der relative Mangel an Mucin dazu, daß der Schleim weniger viskös sei und deshalb schlechter abtransportiert werde. Das wäre auch eine plausible Erklärung für die chronischen Infektionen, die bei den meisten Mukoviszidose-Kranken auftreten und die Grund dafür sind, daß der Schleim bei Mukoviszidose auch reichlich Eiter enthält.

Wie der geringere Mucingehalt im Schleim mit dem der Mukoviszidose zugrunde liegenden genetischen Defekt in zellulären Chloridkanälen zusammenhängt, weiß man noch nicht: "Vielleicht hat es damit zu tun, wie das Mucin aus den Zellen nach draußen abgegeben wird. Vielleicht führt der defekte Chloridkanal auch zu einer Reifungsstörung der Epithelzellen", spekuliert Henke.

Die überraschende Beobachtung soll jetzt in Zellkulturen und später in Tierversuchen weiter untersucht werden. "Die Idee ist natürlich, die Mucinproduktion therapeutisch zu stimulieren und den Mukoviszidose-Patienten damit zu helfen", so Henke. Substanzen, die für eine solche Stimulation in Frage kommen, gebe es reichlich. Für einen klinischen Einsatz sei es aber noch zu früh.

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