Geldtest klärt Eignung zur Insulintherapie

LEIPZIG (mar). In Deutschland sind zwei Drittel der Diabetiker älter als 60 Jahre. In der Altersgruppe der 75- bis 80jährigen hat jeder vierte Diabetes, überwiegend vom Typ 2. Soll bei alten Patienten mit einer Insulintherapie begonnen werden, müssen altersspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden.

Veröffentlicht:

Darauf hat beim Diabetes-Kongreß in Leipzig Dr. Andrej Zeyfang von der Abteilung für Innere Medizin und Geriatrie am Bethesda Krankenhaus in Stuttgart hingewiesen. Um sich als Arzt schnell darüber im klaren zu werden, ob ein alter Mensch mit einer Insulintherapie wahrscheinlich allein zurechtkommen wird, empfiehlt Zeyfang den Geldzähltest. Dabei soll der Patient binnen einer Minute 9,80 Euro (ein Schein, sieben Münzen) in einer Geldbörse zählen.

Mit diesem einfachen Test werden gleichzeitig Visus, Feinmotorik, die kognitive Leistungsfähigkeit, einschließlich des Umgangs mit Zahlen, geprüft - alles Fähigkeiten, die für eine erfolgreiche Insulintherapie durch den Patienten selbst Voraussetzung sind, wie der Geriater bei einem Symposium der Unternehmen B. Braun und ratiopharm erläutert hat. Gegebenfalls müsse der Ehepartner oder ein Pflegedienst die Insulintherapie übernehmen.

Eine Insulintherapie ist nach der neuen Leitlinie "Diabetes im Alter" indiziert, wenn durch Ernährungsumstellung oder Therapie mit oralen Antidiabetika das Therapieziel nicht erreicht wird oder der HbA1c über acht Prozent liegt, so Zeyfang. Standard-Insulintherapie bei den meisten alten Patienten sei die konventionelle Insulintherapie, das heißt, die zweimal tägliche Injektion eines Mischinsulins.

Besonders im Alter ist darauf zu achten, daß es nicht zu nächtlichen Hypoglykämien kommt. Daher werde bei alten Diabetikern meist ein Zielwert für den Nüchternblutzucker von 100 bis 110 mg/dl angestrebt. Bei jüngeren Patienten sollte er 80 bis 90 mg/dl betragen.

Zeyfang wies zudem darauf hin, daß die anabole Wirkung des Insulins, die eine Gewichtszunahme zur Folge hat, bei alten Diabetikern, die meist sehr schlank sind, durchaus erwünscht sei. Denn alte Menschen bauen Körper- und Muskelmasse ab, was zu ungewollter Gewichtsabnahme führt und die Gebrechlichkeit fördert.

Schon kleine Dosen Insulin, die den HbA1c nicht verändern, könnten eine Gewichtszunahme von vier bis fünf Kilogramm bewirken und so zu einer besseren Lebensqualität beitragen.



Geldzähltest nach Nikolaus

Mit dem Geldzähltest nach Nikolaus werden die Alltagskompetenzen eines alten Menschen wie Einkaufen zu können überprüft. Der Geriater Dr. Andrej Zeyfang empfiehlt ihn, um die Eignung für eine Insulintherapie abzuschätzen. In dem standardisierten Test wird die Zeit für das Zählen von 9,80 Euro aus einer Börse gemessen. Damit lassen sich Nahvisus, manuelle Fertigkeiten und auch kognitive Funktionen abschätzen. Für den Test wird ein Standard-Portemonnaie (12 mal 9 cm) benötigt. Im Außenfach für Geldscheine befindet sich ein Fünf-Euro-Schein, im mit Druckknopf verschlossenen Münzfach befinden sich ein Zwei-Euro-Stück, zwei Ein-Euro-Stücke, ein 50-Cent- und drei 10-Cent-Stücke. Dem Patienten werden zu Beginn des Tests die Börse und die Fächer gezeigt. Braucht er bis zum Ergebnis länger als 45 Sekunden, besteht ein Risiko für Hilfsbedürftigkeit, bei über 70 Sekunden ein erhebliches Risiko dafür. Nach drei Fehlversuchen oder 300 Sekunden wird der Test abgebrochen. (eis)

Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Zwei Phase-III-Studien gescheitert

Semaglutid offenbar wirkungslos gegen Alzheimer

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse

Berufsbedingte Schäden

Wenn Musikmachen Muskeln, Sehnen und Gelenke krank macht

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!

Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau