Welt-Psoriasis-Tag

Schuppenflechte ist nicht nur eine Hauterkrankung

In über 40 Ländern machen Psoriasis-Patienten und ihre Unterstützer am heutigen Welt-Psoriasis-Tag auf die oft kritische Versorgungslage aufmerksam. Was viele Ärzte nicht wissen: Die Schuppenflechte kann bei Kindern zu Fettsucht führen.

Dr. Marlinde LehmannVon Dr. Marlinde Lehmann und Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Psoriasis am Haaransatz – nicht immer erhalten Betroffene die optimale Therapie. Heute, am Welt-Psoriasis-Tag, wird auf dieses Defizit aufmerksam gemacht.

Psoriasis am Haaransatz – nicht immer erhalten Betroffene die optimale Therapie. Heute, am Welt-Psoriasis-Tag, wird auf dieses Defizit aufmerksam gemacht.

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BERLIN. Die richtige, gezielte und schnelle Behandlung bei Psoriasis ist für viele der weltweit 125 Millionen Betroffenen nicht selbstverständlich.

Heute, am 29. Oktober, steht der Welt-Psoriasis-Tag 2013 in Deutschland deshalb unter dem Motto: "Psoriasis: Gute Versorgung - für jeden".

In über 40 weiteren Ländern weltweit machen an diesem Tag Psoriasis-Erkrankte und ihre Unterstützer auf die vielfach kritische Versorgungslage aufmerksam.

Zwei Millionen Psoriasis-Kranke in Deutschland

In Europa sind rund 15 Millionen Menschen an Psoriasis erkrankt, in Deutschland sind es etwa zwei Millionen. Bei Kindern liegt dabei die Prävalenz der Psoriasis vulgaris mit 0,7 Prozent niedriger als bei Erwachsenen.

Etwa 70 Prozent der Psoriasis-Patienten leiden auch an unentdeckten Begleiterkrankungen, warnen deutsche Hautärzte.

"Schuppenflechte ist nicht ausschließlich eine Hautkrankheit, sondern eine entzündliche Systemerkrankung, die gleichzeitig zu Erkrankungen am Herz, sowie zu Diabetes und Schlaganfall führen kann", erinnert Professor Matthias Augustin, Direktor des Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie an der Uni-Klinik Hamburg-Eppendorf, in einer Mitteilung des BVDD (Berufsverband der Deutschen Dermatologen) zum Welt-Psoriasis-Tag.

Risiko für Herzinfarkt ist erhöht

So hätten Studien ergeben, dass ein 30-jähriger Patient mit schwerer Psoriasis ein dreifach erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt hat.

Schon Kinder mit Psoriasis entwickelten doppelt so oft wie ihre gesunden Altersgenossen eine Fettsucht oder Hypertonie, jeder vierte Psoriasispatient in seinem Leben eine Arthritis.

"Diese Zusammenhänge sind Ärzten noch zu wenig bekannt", bedauert Augustin. Darum bemüht sich die am Welt-Psoriasis-Tag beteiligte Pso-Netz-Initiative um eine verstärkte Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Disziplinen, besondere mit Hausärzten.

Deutschland gelte in der medizinischen Behandlung europaweit als Vorbild, meldet der BVDD. 19 europäische Länder wollten die deutschen, international anerkannten Therapie-Standards übernehmen.

Dennoch sei auch in Deutschland nach Schätzungen von Experten immer noch jeder zweite Patient mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis nicht angemessen versorgt.

Analyse der Psoriasis-Therapie bei Kindern

Um ein klareres Bild darüber zu erhalten, wie betroffene Kinder mit Psoriasis in Deutschland behandelt werden, haben Augustin und Kollegen jetzt Daten der Gmünder Ersatzkasse (GEK) aus dem Jahr 2009 ausgewertet (JDDG 2013; 11 (8): 751-5).

Von den 293.181 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren litten 1312 an einer Psoriasis. 49,6 Prozent erhielten während der Beobachtungszeit mindestens eine medikamentöse Therapie, mit zunehmendem Alter stieg die Wahrscheinlichkeit hierfür.

Am häufigsten wurden topische (70,8 Prozent) und systemische (4,0 Prozent) Kortikosteroide verschrieben. 1,3 Prozent der Kinder und Jugendlichen erhielten Methotrexat zwei Kinder wurden mit Etanercept, eines mit Cyclosporin A behandelt.

Unterschiedliche Verordnungshäufigkeit von systemischen Steroiden

Deutliche Unterschiede zwischen den Fachrichtungen hätten sich bei der Verordnungspraxis gezeigt, berichten die Wissenschaftler.

So hätten Pädiater und Hausärzte Kindern drei- beziehungsweise fünfmal häufiger eine systemische Kortikoidtherapie verschrieben als behandelnde Dermatologen.

An zweiter Stelle auf der Medikamentenliste standen Vitamin-D-Analoga. Sie wurden weitaus häufiger von Dermatologen (14,7 Prozent) als von Allgemeinärzten (1,7 Prozent) und Kinderärzten (0,9 Prozent) rezeptiert.

Insgesamt halten Augustin und seine Kollegen die medikamentöse Therapie für Kinder mit Psoriasis in Deutschland für unbefriedigend.

Selbst unter Berücksichtigung von Kortikoidtherapien wegen Begleiterkrankungen, wie Asthma oder Rheumaerkrankungen, erscheine der Anteil der Kinder, die mit systemischen Kortikoiden behandelt werden, noch immer außergewöhnlich hoch.

Zur Verbesserung der Situation raten die Autoren, sich bei der Behandlung von Kindern mit Psoriasis an dem Konsensuspapier der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft aus dem Jahr 2011 zu orientieren.

Studien zur Versorgungsqualität laufen

Bis zum Jahr 2015 soll die Behandlung von betroffenen Erwachsenen und Kindern deutlich verbessert werden, fordert der BVDD.

Um dieses Konzept zu unterstützen, seien über 25 Netzwerke der auf die Psoriasis-Therapie spezialisierten Dermatologen gegründet worden. Zu Therapieverläufen sowie zur Versorgungsqualität laufen Patientenstudien.

"Wir haben in den letzten Jahren schon einiges verbessern können", erläutert Dr. Ralph von Kiedrowski vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen.

"Zunehmend werden mehr Patienten schneller und besser behandelt und es zeigt sich, dass die Lebensqualität von Menschen, die mit Schuppenflechte leben müssen, deutlich gesteigert werden kann, wenn sie richtig versorgt werden."

Und Versorgungsforscher Augustin, der auch Vorsitzender der European Expert Working Group for Healthcare in Psoriasis (EEWGHP) ist, fordert: "Wir müssen die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, so effektiv wie möglich einsetzen."

Auf Versorgungsmanko wird aufmerksam gemacht

Ende 2013 bringt die EEWGHP gemeinsam mit dem Europäischen Dachverband für Psoriasis-Bewegungen (EUROPSO) einen Initiativantrag bei der EU-Kommission in Brüssel ein, um auf das Versorgungsmanko aufmerksam zu machen, teilt der BVDD mit.

Im Frühjahr 2014 soll über einen Antrag, die Erkrankung Psoriasis als Aktionstag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu etablieren, von der WHO in Genf entschieden werden.

In Deutschland ziehen das PsoNet - das ist der Zusammenschluss sämtlicher regionalen Psoriasis-Netzwerke - , der Berufsverband der deutschen Dermatologen (BVDD), die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) und der Deutsche Psoriasis Bund (DPB) als Selbsthilfeorganisation an einem Strang, wenn es gilt für die Anliegen des Welt-Psoriasis-Tages 2013 zu werben.

Bundesweit klären Kliniken, niedergelassene Dermatologen und Selbsthilfegruppen mit Vorträgen und Info-Veranstaltungen über Schuppenflechte auf.

Infos: www.weltpsoriasistag.de

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