Optogenetik

Giftige Qualle hilft der Herzforschung

Forscher haben den Lichtrezeptor einer Qualle genutzt, um die Regulation des Herzschlages zu untersuchen.

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BONN. Forscher der Uni Bonn haben den Helligkeits-Rezeptor der giftigen Würfelqualle Carybdea rastoni im Herzen von Mäusen zur Ausprägung gebracht und konnten das Herz so durch Bestrahlung mit Licht gezielt steuern (Nat Comm 2019; online 20. März). Die Forscher wollen die Methode nutzen, um die Entstehung von Herzrhythmus-Störungen besser zu verstehen, teilt die Uni mit.

Carybdea rastoni verfügt in ihrem nur wenige Zentimeter großen Schirm über vergleichsweise hoch entwickelte Augen. Als Helligkeits-Sensor dient der Qualle ein Rezeptor-Protein, das dem Rhodopsin aus dem menschlichen Auge ähnelt. Wird der Quallen-Rezeptor von einem Lichtstrahl getroffen, aktiviert er das stimulierende G-Protein.

Dieses gibt es auch beim Menschen – allerdings steuern G-Proteine bei uns unter anderem den Herzrhythmus, erinnert Professor Philipp Sasse, einer der Autoren, in der Mitteilung der Uni. Dadurch sorgen sie dafür, dass sich unser Puls beschleunigt, wenn bei Gefahr oder körperlicher Arbeit der Adrenalinspiegel im Blut steigt.

Sasse und Kollegen haben den Helligkeits-Sensor der Würfelqualle zweckentfremdet, um mit ihm den Herzschlag von Mäusen zu steuern. Dazu haben sie das Gen des Helligkeits-Sensors in Mäuse eingeschleust. Tatsächlich ließ sich die Herzfrequenz der Nager danach durch Stimulierung mit LED-Licht beschleunigen.

Bei Stimulation des linken Vorhofs entwickelten sich Herzrhytmus-Störungen

In einem Test hat das Team den linken Vorhof stimuliert. In der Folge entwickelten sich bei der Maus Herzrhythmus-Störungen, die beim Menschen Vorhofflimmern auslösen können.

Die Stimulation des rechten Vorhofs führte dagegen lediglich zu ganz normaler Puls-Beschleunigung – genauso, wie sie Adrenalin bewirkt.

„Möglicherweise kann also eine unterschiedliche Reizverarbeitung im rechten und linken Vorhof Rhythmus-Störungen begünstigen“, so Sasse. „Das ist eine These, die wir nun genauer untersuchen wollen.“

Die Studie zeigt auch, wie fein verschiedene Vorgänge zur Regulation des Herzschlags ineinandergreifen. Wenn sich etwa der Puls beschleunigt, muss sich die Herzmuskulatur nicht nur schneller und kräftiger kontrahieren, sondern auch schneller wieder entspannen. Wenn dieses Zusammenspiel nicht klappt, sinkt die Menge des transportierten Blutes trotz eines schnelleren Herzschlags ab.

„Wir konnten nun experimentell nachweisen, dass die stimulierenden G-Proteine als erstes eine schnellere Entspannung fördern“, sagt Sasse. „Die Verstärkung der Herzkraft hinkt diesem Vorgang gewissermaßen hinterher.“

Auf herkömmlichem Wege wäre eine solch differenzierte Betrachtung kaum möglich gewesen. „Unsere optogenetische Methode stößt die Tür zu einem neuen Forschungsansatz auf“, erklärt Sasse in der Mitteilung der Uni Bonn.

„Damit könnten sich in Zukunft die regionalen Unterschiede von komplexen Abläufen am Herzen deutlich besser untersuchen lassen als bislang.“ (eb)

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