Basisdiagnostik bei Hypertonie wird einfacher

WÜRZBURG (mf). Mit Stethoskop, Bandmaß und einigen wenigen Laborwerten sollte es gelingen, das individuelle Risiko eines Patienten mit einer erstmalig aufgetretenen Hypertonie abzuschätzen.

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Zu den Patienten, bei denen eine weitergehende Diagnostik sofort indiziert sein kann, gehören besonders Personen unter 30 oder über 65 Jahren, die plötzlich deutlich überhöhte Blutdruckwerte haben, sowie Patienten, die unter einer Kombinationstherapie gut eingestellt waren und die plötzlich therapierefraktär sind.

"Noch vor wenigen Jahren wurde häufig dafür plädiert, bei jedem Hypertoniker eine Echokardiographie zu veranlassen - da ist bei 20 bis 30 Millionen Hypertonikern allein in Deutschland ein Gesundheitsbudget schnell durch den Kamin geblasen", brachte Professor Rainer Düsing aus Bonn auf einer von dem Unternehmen Novartis unterstützten Veranstaltung in Würzburg die finanziellen Zwänge auf den Punkt.

Doch auch neue Erkenntnisse zur Ätiologie legten nahe, die Basisdiagnostik zu vereinfachen: Denn nur noch bei etwa jedem dritten Hypertoniker sei die Hochdruckerkrankung wirklich "essentiell", also ätiologisch ungeklärt.

Seitdem nachgewiesen worden sei, daß Fettzellen keineswegs "dumme Speicherzellen", sondern endokrin sehr aktive Zellen seien, die das adrenerge System ebenso stimulierten wie das Renin-Angiotensin-System, werde die Hypertonie als eine Adipositas-Folgeerkrankung diskutiert.

Auch gebe es viele Hypertoniker mit schlafbezogenen Atemstörungen, die durch eine effektive Druckbeatmungs-Therapie normoton würden. Dementsprechend plädierte Düsing dafür, die sekundären Hochdruck-erkrankungen entsprechend ihrer Ätiologien in klassische sekundäre Hypertonien, etwa infolge von Cu-shing Syndrom, Nierenarterienstenose oder Hyperaldosteronismus sowie andere sekundäre Hypertonieformen infolge von Adipositas oder Schlafapnoe zu unterteilen.

Bei der Basisdiagnostik gehören nach den Leitlinien der Hochdruck-Liga die Bestimmung von Glukose (nüchtern), Cholesterin, HDL, Triglyzeriden, Harnsäure, Kreatinin und Kalium sowie ein Blutbild, die Urinanalyse inklusive Sediment und das EKG zum "absoluten Muß".

Damit ließe sich schon bei relativ geringem Aufwand eine gute Einschätzung des Risikos erzielen, so Professor Michael Steffen aus Köln. Möglicherweise werde künftig auch die Mikroalbuminurie in die Routinediagnostik integriert, fügte Düsing hinzu. Der Stellenwert des hochsensitiven CRP müsse erst noch weiter evaluiert werden, meinte Düsing. Ein Fundus hypertonicus müsse nur bei Patienten mit schwereren Hypertonien ausgeschlossen werden.

Bei dem Ausschluß sekundärer Hypertonien wird wieder verstärkt auf die Erfahrung der Ärzte gesetzt: Mondgesicht und Striae sind Leitsymptome des Cushing, Patienten mit Phäochromozytom sind oft ausgesprochen nervös, und bei wem die Abklärung einer Nierenarterienstenose mittels CT oder MNR-Angiographie sinnvoll ist, läßt sich oft bereits mit dem Stethoskop ermitteln.

Was das Conn-Syndrom angeht, so erinnerte Steffen daran, daß eine Normokaliämie keineswegs als Ausschluß zu werten sei, da es nach neuen Erkenntnissen auch eine normokaliämische Form dieser Erkrankung gebe.

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