Auch die Umwelt reguliert den Blutdruck

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LÜBECK (grue). Die Höhe des Blutdrucks wird nicht nur durch genetische Faktoren bestimmt, sondern vermutlich auch durch Umwelteinflüsse, etwa durch einen Eiweißmangel des Fötus.

Der Einfluss der Umwelt auf die phänotypische Ausprägung der Erbanlagen wird als Epigenetik bezeichnet. Dieses Forschungsfeld fasziniert Genetiker und Toxikologen gleichermaßen, denn offenbar gibt es viele Faktoren, die ein sogenanntes Imprinting von Genen auslösen - das ist die Veränderung der genetischen Informationen durch die individuellen Lebensumstände.

"So haben schwangere Frauen im Kriegswinter 1944 untergewichtige Kinder geboren, von denen auffällig viele als Erwachsene eine Hypertonie, eine Adipositas und einen Diabetes entwickelt haben", sagte Professor Gilbert Schönfelder von der Universität Würzburg. Auch treibt Untersuchungen bei Tieren zufolge eine intrauterine Wachstumsverzögerung den arteriellen Blutdruck hoch. Schafe, deren Mütter während der Tragezeit zu wenig Vitamin B 12, Folsäure und Methionin erhalten, haben ebenfalls einen zu hohen Blutdruck. Ähnlich nachteilig wirkt sich bei tragenden Mäusen die Aufnahme hoher Mengen an Phytoöstrogenen auf die Nachkommen aus, und das nicht nur auf die erste Folgegeneration.

Demnach kann ein epigenetisch verändertes Gen sogar weitervererbt werden. Was dabei genau passiert, ist Gegenstand molekulargenetischer Untersuchungen. "Offenbar ändert der jeweils prägende Umweltfaktor etwas an der Verpackung bestimmter Gene, etwa wie sie gewickelt sind", sagte Schönfelder. Das kann eine DNA-Methylierung, eine Histon-Modifikation oder eine RNA-basierte Stummschaltung von Genen bewirken.

Ähnliche Vorgänge kommen in Tumorzellen vor, wobei die chemischen Änderungen offenbar zu einer malignen Entartung der Zelle führen. Blutdruck-Gene wie eNOS reagieren auf den exogenen Stimulus dagegen mit einer Hochregulation von Blutdruck-relevanten Parametern oder greifen in das RAAS-System ein - wobei diese Effekte mitunter viel später zum Tragen kommen. "Wir gehen davon aus, das die phänotypische Ausprägung von Merkmalen nicht nur durch die Dominanz von Genen bestimmt wird, sondern auch durch äußere Einflüsse", sagte Schönfelder.

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