Cholesterin

Je niedriger das LDL, desto besser

Der "Tag des Cholesterins" jährt sich am Freitag zum 13. Mal. Wie wichtig es ist, das Thema Blutfette in den Fokus zu rücken, zeigt sich an aktuellen Versorgungsdaten - denn in puncto Prävention liegt noch einiges im Argen.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Atherosklerotische Plaques – auch bei Frauen über 55 Jahre häufig vorhanden.

Atherosklerotische Plaques – auch bei Frauen über 55 Jahre häufig vorhanden.

© MAN AT MOUSE / fotolia.com

MÜNCHEN. Dieses Jahr steht beim "Tag des Cholesterins" die Gefäßgesundheit der Frauen im Fokus. Bei der Häufigkeit der KHK haben Frauen die Männer weitgehend eingeholt; sie erkranken im Schnitt aber erst 15 Jahre später. Trotzdem gilt der Herzinfarkt vielen noch als "Männersache".

Selbst bei Therapie und Prävention der KHK seien Frauen oft benachteiligt, kritisiert die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen (DGFF, Lipid-Liga). So würden Fettstoffwechselstörungen bei ihnen seltener medikamentös behandelt.

Frauen haben in jüngeren Jahren zwar im Mittel niedrigere LDL-Cholesterin-Spiegel als Männer, ab dem 55. Lebensjahr kehrt sich das Verhältnis jedoch um. Die DGFF rät daher Frauen, insbesondere nach Beginn der Wechseljahre, regelmäßig die Blutfette kontrollieren zu lassen.

Zielwertorientierte Strategie

Dazu raten deutsche Experten:

Abhängig vom kardiovaskulären Gesamtrisiko soll ein Serum-LDL-Cholesterin von , 100 beziehungsweise , 70 mg/dl angestrebt werden.

Nicht nur bei Männern; sondern auch bei Frauen, insbesondere nach Beginn der Wechseljahre, sollten regelmäßig die Blutfette kontrolliert werden.

Ist eine cholesterinsenkende Therapie indiziert, empfehlen deutsche und europäische Kardiologen-Gesellschaften weiterhin eine zielwertorientierte Therapie: Abhängig vom kardiovaskulären Gesamtrisiko soll ein Serum-LDL-Cholesterin von < 100 oder < 70 mg/dl angestrebt werden.

Sie unterscheiden sich damit von ihren US-Kollegen, die im Jahr 2013 die Treat-to-Target-Strategie zugunsten einer Fire- and-Forget-Strategie mit fixen Statindosierungen verlassen haben.

Unterstützung für das europäische Vorgehen kommt aus einer kürzlich publizierten Metaanalyse (J Am Coll Cardiol 2014; 64: 485-494). Mit definierten Statindosierungen werden demnach sehr unterschiedliche LDL-Effekte erzielt.

Kardiovaskuläre Ereignisse sind jedoch umso seltener, je niedriger der LDL-Wert ist; das geringste Risiko haben der Analyse zufolge Patienten mit einem LDL-Wert < 50 mg/dl.

Im Alltag bleiben die empfohlenen Ziele oft in weiter Ferne - aus unterschiedlichen Gründen, wie eine auf der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DKG) vorgestellte Studie der Universität Ulm zusammen mit Amgen ergeben hat.

Gemäß einer repräsentativen Stichprobe von Hausarztpatienten leben in Deutschland 2,5 Millionen Patienten mit Hypercholesterinämie und sehr hohem Herz-Kreislauf-Risiko, die ihr LDL-Ziel deutlich verpassen. Gar nicht selten, weil sie gar keine lipidsenkende Therapie erhalten.

Selbst bei kardiovaskulärer Vorerkrankung und zusätzlichen Risikofaktoren werden 15 Prozent der Patienten nicht behandelt. Ihr Anteil erhöht sich mit steigenden LDL-Werten sogar noch: Bei einem LDL-Cholesterin über 190 mg/dl ist jeder Dritte ohne lipidsenkende Therapie.

Trotz maximaler Therapie zu hohe Werte

Daneben gibt es aber auch eine große Gruppe von Patienten, die die Ziele verfehlen, obwohl sie lipidsenkend behandelt werden. Über 170.000 Hochrisikopatienten etwa haben trotz maximaler Lipidtherapie LDL-Werte > 160 mg/dl.

Für Patienten, bei denen selbst die höchste Statindosis allein oder zusammen mit einem weiteren Lipidsenker das LDL nicht unter Kontrolle bringt, könnte in Kürze eine neue Klasse von Medikamenten zur Verfügung stehen: Die PSCK9-Inhibitoren binden an ein Protein, das bei der Rezyklisierung von LDL-Rezeptoren beteiligt ist, das Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin type 9 (PCSK9).

Durch die Bindung steigt die LDL-Rezeptor-Dichte auf den Hepatozyten, und es kann mehr LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Leber aufgenommen werden. In Studien haben die PSCK9-Inhibitoren Evolocumab und Alirocumab gegenüber einer Standardtherapie eine zusätzliche Reduktion des Serum-LDL-Cholesterins um rund 60 Prozent bewirkt.

Ob sie auch das kardiovaskuläre Risiko weiter senken, lässt sich frühestens 2017 mit Sicherheit sagen, weil dann erst die Ergebnisse von klinischen Endpunktstudien erwartet werden. Für beide Antikörper ist bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA die Zulassung beantragt; für Evolocumab liegt bereits eine positive Empfehlung vor.

Eine weitere Neuerung in der Behandlung bei Hypercholesterinämie betrifft die Ernährung. In den US-amerikanischen Ernährungsrichtlinien wird nicht mehr vor Lebensmitteln mit hohem Cholesteringehalt gewarnt, die bisherige Maximaldosis von 300 mg pro Tag entfällt.

 Begründet wird dies damit, dass in Studien "kein nennenswerter Zusammenhang zwischen Cholesterin in der Nahrung und Cholesterin im Blut" zu erkennen sei.

Fettqualität entscheidend

Allzu viel cholesterinreiche Lebensmittel sollte man trotzdem nicht essen. Eier sind zwar unbedenklich, aber Nahrungsmittel wie Butter oder Fleisch enthalten neben Cholesterin auch gesättigte Fettsäuren. Deren Zufuhr soll noch stärker beschränkt werden als bisher.

Auch die Lipid-Liga warnt, dass "die Fettqualität der Ernährung oft größere Auswirkungen auf das LDL-Cholesterin hat als das enthaltene Cholesterin". Bei medizinischen Laien hat der Freispruch für Cholesterin allerdings teilweise für Missverständnisse und Fehlinterpretationen gesorgt.

So wird etwa in einem Internet-Artikel eines großen Nachrichtenmagazins der Schluss gezogen, dass zwischen erhöhten Cholesterinwerten und Herzerkrankungen kein Zusammenhang nachweisbar sei. Die Aufklärungsarbeit der Lipid-Liga wird also weiter benötigt.

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