Schon junge Menschen sollten Infarkt vorbeugen

Für viele Patienten kommt der Herzinfarkt aus heiterem Himmel. "Ich bin nie schwer krank gewesen", heißt es oft. Doch meist hatte es zuvor bereits Warnzeichen gegeben: Man war nicht mehr so belastbar, ab und zu fühlte man einen unangenehmen Druck in der Brust- oder Magengegend, manchmal waren es auch Schmerzen, die in den linken Arm ausstrahlten.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:

All das sind typische Zeichen, mit denen das Herz signalisiert: Ich bekomme nicht mehr genug Sauerstoff. Grund dafür sind massive Verengungen der Adern, die das Herz mit Blut und damit mit Sauerstoff versorgen. Diese Verengungen behindern meist nicht nur die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung am Herzen. Auch die anderen Adern im Körper dürften zu diesem Zeitpunkt bereits stark in Mitleidenschaft gezogen sein.

Wie sich solchen Krankheiten vorbeugen läßt, wurde bei der Medica in Düsseldorf bei einem Seminar erörtert. Professor Hartmut Gülker vom Herzzentrum in Wuppertal hat zusammen mit sechs Experten verschiedene Methoden zur Vorbeugung vorgestellt. Dabei ging es außer um Ernährung und Sport auch um die Bedeutung des Diabetes mellitussowie um Veränderungen in den Schlagadern, die durch erhöhte Cholesterin-Konzentrationen im Blut ausgelöst werden.

Herzinfarkt-Rate bei jungen Frauen gestiegen

Herzinfarkte gibt es nicht nur bei alten Menschen, betont Gülker. Die Infarkt-Rate, besonders bei jungen Frauen, hat drastisch zugenommen. Der Herzspezialist spricht bereits von einem "Alltagsproblem", das seltsamerweise in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werde. Ein Grund für extrem frühe Herzinfarkte bei jungen Frauen ist die Kombination von Rauchen und Pille. "Etwa 35 Prozent der 13- bis 19jährigen Frauen in Deutschland rauchen", sagte Gülker. Das sind soviel wie in keinem anderen Industriestaat.

Will man Herzerkrankungen vorbeugen, muß also bereits im Jugendalter begonnen werden. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Ernährung. "Es geht nicht um irgendwelche Diäten, sondern um gesunde Ernährung", sagte Gülker.

    Artgerechte Ernährung für uns
ist das, was die Menschen in der Steinzeit gegessen haben.
   

Artgerecht sei für uns Menschen all das, was bereits die Steinzeit-Menschen zu sich genommen haben: Beeren, Nüsse, pflanzliche Nahrung, Wild und Fische. Es wüchsen eben keine Brote auf den Bäumen, keine Pizza und keine Nudeln, meint der Herzspezialist. Eine gesunde Ernährung wird zwar immer wieder propagiert. Im Alltag jedoch herrscht Fast Food.

Nicht vergessen sollte man, daß die Steinzeit-Menschen große Strecken laufen mußten, bevor sie überhaupt Nahrung finden oder erbeuten konnten. Bewegung ist also auch für heutige Menschen eine Lebensnotwendigkeit, wenn sie gesund alt werden möchten.

Am Herzzentrum Leipzig wird intensiv erforscht, wie man mit Bewegung Herzkreislauf-Erkrankungen vorbeugen kann. Die Wissenschaftler entwickeln Trainingsprogramme, mit denen die Adern nicht nur am Herzen fit bis ins hohe Alter bleiben sollen.

Selbst wenn bereits Schäden an den Herzkranzgefäßen vorhanden sind, verbessert regelmäßiges Training die Durchblutung des Herzmuskels und damit die Belastbarkeit, hat die Leipziger Arbeitsgruppe um Professor Rainer Hambrecht nachgewiesen. Der weitere Krankheitsverlauf wird aufgehalten, und weniger Frauen sterben. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse in der US-Fachzeitschrift "Circulation" (109 (11), 2004, 1371) publiziert.

Mit der mangelnden Bewegung und der Fehlernährung hängt ein weiteres großes Problem unmittelbar zusammen: die drastische Zunahme des Diabetes mellitus in Deutschland. Es wird geschätzt, daß es in 25 Jahren doppelt so viele Diabetiker geben wird wie heute, etwa zwölf Millionen. Diese Stoffwechselkrankheit hat die Gefäße bereits geschädigt, bevor die Krankheit diagnostiziert wird.

Jeder dritte Patient mit Herzinfarkt hat Diabetes

Viele Menschen wissen gar nicht, daß sie Diabetes haben. "Dabei kann man sie oft bereits auf der Straße erkennen", so Gülker: Sie kommen oft aus Fast-Food-Restaurants heraus, sind fettleibig und rauchen. Daß es dann zu Herz-Problemen kommt, ist nur eine Frage der Zeit. Ein Drittel aller Herzinfarkt-Patienten haben einen Diabetes mellitus, bei einem weiteren Drittel ist der Glukose-Stoffwechsel gestört, die Vorstufe zum Diabetes. "Das heißt nichts anderes, als daß zwei Drittel aller Herzinfarktpatienten diesen Infarkt auf der Basis eines Diabetes erlitten haben", betont der Wuppertaler Kardiologe.

Er und viele seiner Kollegen gehen in die Öffentlichkeit, denn sie haben erkannt, daß einfache Appelle an die Menschen, doch gesünder zu leben, nicht ausreichen. Dazu wurden in Kooperation mit der Herzstiftung und dem Herzzentrum Wuppertal Fernsehspots gedreht und zum Beispiel von der SAT1/Pro7-Gruppe ausgestrahlt. Ähnlich wie beim bekannten "7. Sinn" wird darin gezeigt, was für Auswirkungen ein falscher Lebensstil hat und wie eine gesunde Lebensweise aussehen kann.

Ein anderes Beispiel ist die Aktion "Deutschland bewegt sich" des ZDF, der Barmer Ersatzkasse und von "Bild am Sonntag", mit der Millionen Menschen erreicht worden sind. Die Initiative soll Begeisterung für Sport und Bewegung wecken und deren Vorteile für ein gesundes und längeres Leben propagieren.

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