Studie zeigt

Vorhofflimmern ist für Frauen gefährlicher

Vorhofflimmern ist bei Frauen mit einer schlechteren Prognose verbunden als bei Männern. Sowohl die Häufigkeit von kardiovaskulären Ereignissen als auch die Mortalität liegen signifikant höher.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:

OXFORD. Im CHA2DS2-VASc-Score zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern wird das Geschlecht bereits berücksichtigt: Ab einem Alter von 65 Jahren gibt es einen zusätzlichen Punkt, wenn der Patient eine Frau ist. Darüber hinaus scheint weibliches Geschlecht aber auch für andere Folgekomplikationen eines Vorhofflimmerns anfällig zu machen.

 Das lässt sich zumindest aus einer Metaanalyse ablesen, die ein internationales Ärzteteam um Connor A. Emdin von der Uni in Oxford erstellt hat (BMJ 2016; 352:h7013).

Berücksichtigt wurden nur Kohortenstudien, die das geschlechtsspezifische Risiko bei mindestens 50 Teilnehmern mit und 50 Teilnehmern ohne Vorhofflimmern untersucht und wenigstens sechs Monate gedauert hatten.

Diese Kriterien erfüllten 30 Studien aus den Jahren 1966-2015; ihre Qualität wird von den Autoren der Metaanalyse mit "hoch" angegeben. Beteiligt waren über 4,3 Millionen Männer und Frauen, davon 66.511 mit diagnostiziertem Vorhofflimmern.

Höheres Schlaganfall-Risiko als bei Männern

Die Mortalität im Studienzeitraum lag bei Frauen mit Vorhofflimmern um 69 Prozent höher als bei nicht betroffenen Frauen, bei Männern dagegen nur um 47 Prozent.

Damit war die Rhythmusstörung bei Frauen im Vergleich zu Männern mit einer um 12 Prozent höheren Sterberate assoziiert.

Besonders deutlich fiel die Genderdifferenz beim Schlaganfall aus: In Verbindung mit einem Vorhofflimmern stieg das Risiko bei Frauen um 305 Prozent, bei Männern um 77 Prozent. Der Geschlechtervergleich ergab ein fast doppelt so hohes Insultrisiko (+ 99 Prozent) für betroffene Frauen.

Ähnlich stark fiel der Unterschied bei der kardiovaskulären Mortalität aus. Sie war bei Frauen mit der Rhythmusstörung um 93 Prozent höher als bei Männern. Die Häufigkeit von kardialen Ereignissen (kardial bedingter Tod oder nicht tödlicher Herzinfarkt) lag um 55 Prozent höher. Eine Herzinsuffizienz entwickelten 16 Prozent mehr Frauen als Männer.

Mehr Todesfälle

In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Pro 1000 Patienten mit Vorhofflimmern ist bei Frauen im Vergleich zu Männern zusätzlich mit 1,8 Todesfällen, 4,3 kardiovaskulär bedingten Todesfällen, 3,1 Schlaganfällen, 0,6 kardialen Ereignissen und 6,1 Fällen von Herzinsuffizienz zu rechnen.

Warum Frauen mit Vorhofflimmern eine schlechtere Prognose haben als Männer, lässt sich aus der Metaanalyse nicht ableiten. Aufgrund der beobachtenden Natur der Studien lässt sich auch nicht ausschließen, dass nicht beachtete Störfaktoren die Ergebnisse verzerrt haben.

Allerdings sind nur Studien in die Analyse eingeflossen, in denen die geschlechtsspezifischen Risiken unter Berücksichtigung von Alter und kardiovaskulärer Vorgeschichte ermittelt worden waren.

Einer Kohortenstudie aus den 1990er-Jahren zufolge könnte die höhere Komplikationsrate bei Frauen die Folge einer schlechteren Therapie sein. Neuere Studien sprechen jedoch gegen diese Erklärung für die Genderdifferenz, wie Emdin und Kollegen berichten. Alternativ könnten physiologische oder auch psychosoziale Unterschiede der stärkeren Gefährdung von Frauen zugrunde liegen.

Zum Beispiel weiß man, dass Antiarrhythmika zur Behandlung von Vorhofflimmern bei Frauen mit einem höheren Risiko für - potenziell tödliche - Torsades de pointes verbunden sind.

Auch wenn die Klärung der Ursachen zukünftigen Studien vorbehalten ist, sehen die Autoren jetzt schon Konsequenzen für den Alltag: "Da Frauen mit Vorhofflimmern anscheinend ein höheres Risiko für Tod und kardiovaskuläre Erkrankungen haben als Männer, könnte es angemessen sein, bei ihnen eine aggressivere Behandlung der Risikofaktoren in Betracht ziehen."

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