Schlaganfall

Nervenstimulator stellt Körperfunktion wieder her

Am Universitätsklinikum Freiburg haben Ärzte einer Patientin einen Muskelschrittmacher als Ersatz ausgefallener Nervenimpulse implantiert.

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FREIBURG. Dem Universitätsklinikum Freiburg ist ein großer Durchbruch bei der Behandlung von Schlaganfallfolgen gelungen, meldet eine Pressemitteilung.

In der Klinik für Plastische Chirurgie wurde unter Leitung von Dr. Horst Zajonc, Oberarzt an der Klinik für Plastische Chirurgie, einer Patientin, die nach einem Schlaganfall unter einer chronischen Gehschwäche litt, ein spezieller Schrittmacher implantiert, mit dessen Hilfe sie wieder sicher gehen kann.

Bei Patienten, bei denen nach einem Schlaganfall Gehirnregionen ausgefallen sind, ist das Gehen kein automatisierter Vorgang mehr. Um nicht zu stolpern oder gar zu stürzen, muss ein erheblicher Teil der Konzentration für das Gehen aufgewandt werden.

Je nach Schweregrad der Schlaganfallfolgen laufen die Betroffenen unsicher auf der Fußaußenkante oder krallen zusätzlich die Zehen.

Bisherige Hilfsmittel reichen bei vielen Patienten nicht aus

Diese Beeinträchtigung konnte bisher durch den Einsatz von verschiedenen Hilfsmitteln zumindest gelindert werden.

"Spezielle Einlagen, Gangtraining und Orthesen, mit denen das Fußgelenk fixiert werden kann, reichen bei vielen Patienten jedoch nicht aus, um die entstandenen Defizite auszugleichen. Ein normaler Alltag ist dadurch nur schwer möglich", so Zajonc in der Mitteilung.

Das nun in Freiburg eingesetzte Schrittmacher-System ActiGait des Unternehmens Otto Bock Healthcare besteht aus einem etwa anderthalb Zentimeter kleinen Muskelschrittmacher, welcher der Schlaganfallpatientin im Rahmen einer knapp einstündigen Operation unter der Haut eingesetzt wurde.

Zusätzlich trägt die Patientin fortan eine kleine externe Steuereinheit an der Hüfte und einen Sensor an der Ferse, der durch einen Impuls hilft, den Fuß anzuheben.

"Die neue Technologie basiert auf elektrischen Impulsen, welche die motorische Steuerung der Muskulatur übernehmen und somit die ausgefallenen Gehirnfunktionen ersetzen", wird Zajonc in der Mitteilung zitiert.

Test mit elektrischem Impuls am Wadenbeinnerv

Bei in Frage kommenden Patienten werden im Vorfeld von speziell geschulten Orthopädietechnikern Messungen durchgeführt, ob durch diese Implantation überhaupt eine Wirkung auf den Muskel zu erwarten ist.

Dazu wird geprüft, ob ein elektrischer Impuls von außen den Wadenbeinnerv so stimulieren kann, dass der Patient dadurch seinen Fuß anheben kann. Ist der Muskel gut ansprechbar, kann ein solcher unter die Haut implantierter Schrittmacher die ausgefallenen Impulse der Gehirnnerven dauerhaft ersetzen.

Das ist bereits die zweite erfolgreiche Versorgung mit diesem Therapieverfahren in Freiburg, das auch von den Kassen bezahlt wird.

Patienten profitieren insbesondere von der dauerhaften Implantation unter die Haut, die die Stolper- und Sturzgefahr gegenüber herkömmlichen Hilfsmitteln enorm reduziert. "Mit dem Muskelschrittmacher setzen wir die erste echte motorische Neuro-Prothese ein, die uns das ermöglicht", stellt Zajonc fest.

In Deutschland erleiden nach Angaben des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed) jährlich über 300.000 Menschen einen Schlaganfall. Als Folge kommt es häufig durch die Störung der Blutversorgung zu Ausfällen einzelner Gehirnregionen und zu erheblichen Beeinträchtigungen des Zentralnervensystems.

Somit ist der Schlaganfall die häufigste Ursache für lebenslange Behinderungen. Fast die Hälfte der insgesamt circa 1,5 Millionen Betroffenen kann zunächst nur noch eingeschränkt und unsicher gehen, nicht wenige haben lebenslang eine chronische Gehschwäche. (eb)

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