Neue Leitlinie soll bei der Thrombose-Therapie helfen

NEU-ISENBURG (ikr). Patienten mit tiefer Bein- oder Beckenvenenthrombose (TVT) benötigen eine sofortige, suffiziente Antikoagulation, um der Thrombusprogredienz und Lungenembolien vorzubeugen. Und noch etwas ist nach der neuen Leitlinie zur "Diagnostik und Therapie der Bein- und Beckenvenenthrombose und Lungenembolie" der Deutschen Gesellschaft für Angiologie wichtig: Eine möglichst rasche Kompressionstherapie und die Beibehaltung der Mobilität.

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"Für die initiale Antikoagulation bei TVT-Patienten sind niedermolekulare Heparine (NMH) sicherer und mindestens genauso effektiv wie unfraktionierte Heparine", heißt es in der Leitlinie, an der noch elf weitere deutsche Fachgesellschaften mitgewirkt haben.

NMH seien deshalb und wegen ihrer praktikableren Anwendbarkeit derzeit die Antikoagulanzien der ersten Wahl. Zur Verfügung stehen in Deutschland für die TVT-Therapie Certoparin (Mono-Embolex® Therapie, Enoxaparin (Clexane®), Nadroparin (Fraxiparin®, Fraxodi®) und Tinzaparin (innohep®).

Mit niedermolekularem Heparin seltener HIT vom Typ II

Ein weiterer Vorteil der NMH: Eine solche Behandlung führt wesentlich seltener zu einer Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT) Typ II als unfraktionierte Heparine. Unfraktioniertes Heparin ist nach der Leitlinie jedoch bei Patienten mit hochgradiger Niereninsuffizienz sowie im Zusammenhang mit gefäßrekanalisierenden Maßnahmen indiziert.

Auch das synthetische Pentasaccharid Fondaparinux (Arixtra®) ist mittlerweile zur Therapie bei akuter tiefer Venenthrombose sowie bei Lungenembolie zugelassen, mit Ausnahme von hämodynamisch instabilen Patienten, die eine Thrombolyse oder eine pulmonale Embolektomie brauchen.

In einer Phase-III-Studie mit mehr als 2000 TVT-Patienten schützte die einmal tägliche subkutane Behandlung mit Fondaparinux als Initialtherapie ähnlich gut vor Rezidiven wie ein NMH (Ann Intern Med 140, 2004, 867). Auch die Blutungsrate war ähnlich. Darauf wird auch in der Leitlinie hingewiesen. Außerdem bestehe für das synthetische Pentasaccharid kein HIT-II-Risiko.

Letzteres gilt auch für den direkten Thrombinhemmer Melagatran und sein oral zu applizierendes Prodrug Ximelagatran (Exanta®). Deren Wirksamkeit in der Initialtherapie und Sekundärprophylaxe bei TVT sei in Phase-III-Studien belegt. Zugelassen ist das Mittel in Deutschland bisher zur Thrombose-Prophylaxe bei elektivem Hüft- und Kniegelenkersatz.

Sofern keine invasiven diagnostischen oder therapeutischen Verfahren geplant sind, sollte direkt nach Sicherung der TVT - parallel zur initialen Antikoagulation - mit der gerinnungshemmenden Sekundärprophylaxe begonnen werden. Als Standard gilt nach der neuen Leitlinie die Therapie mit einem Vitamin-K-Antagonisten. Dabei sollte eine INR (International Normalized Ratio) zwischen 2,0 und 3,0 angestrebt werden.

Plädoyer für raschen Beginn der Kompressionstherapie

Wichtig ist auch die Kompressionstherapie. "Hierfür ist ein dauerhafter Kompressionsverband vom Typ Fischer ebenso wirksam wie ein angepaßter Kompressionsstrumpf", heißt es in der Leitlinie. Meist genügten Wadenkompressionsstrümpfe der Kompressionsklasse II.

Durch eine solche Therapie wird das Risiko für ein postthrombotisches Syndrom etwa halbiert. Die Kompressionstherapie sollte so schnell wie möglich nach der Diagnose beginnen, empfehlen die Experten. Kombiniert werden solle sie mit "kontrolliertem Gehen", das heißt die Patienten sollten - abgesehen von der allgemeinen Mobilität - zusätzlich dreimal täglich 20 bis 30 Minuten lang spazieren gehen.

Durch strenge Immobilisierung, wie es lange praktiziert wurde, ließen sich bei optimaler Antikoagulation weder Rate noch Schweregrad der Lungenembolien im Vergleich zu beibehaltener Mobilität mindern.

Die neue Leitlinie zur Therapie bei tiefen Bein- und Beckenvenenthrombosen und bei Lungenembolie ist einsehbar unter http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/ll_iang.htm

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