Trommelfellperforation

Wattestäbchen: Hier stoßen HNO-Ärzte auf taube Ohren

Nicht nur Fremdkörper wie Wattestäbchen können dem Trommelfell gefährlich werden, sondern auch Wasserdruck. Letzterer ist vor allem ein Risikofaktor bei tauchenden und turmspringenden Teenies.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
45 Prozent der Trommelfellverletzungen durch Fremdkörper wurden in einer Studie durch Wattestäbchen verursacht.

45 Prozent der Trommelfellverletzungen durch Fremdkörper wurden in einer Studie durch Wattestäbchen verursacht.

© ingenium-design / stock.adobe.com

TORONTO. Welches sind die häufigsten Ursachen für traumatische Trommelfellperforationen? In einer Studie mit Notfallpatienten aus den USA waren dies Verletzungen durch Fremdkörper. Diese spielten vor allem bei Kindern unter sechs Jahren eine Rolle. Bei Teenagern dominierten dagegen druckbedingte Verletzungen beim Wassersport.

Um die Verletzungsmechanismen für eine Trommelfellperforation zu ergründen, hat ein kanadisches HNO-Ärzteteam 949 entsprechende Fälle ausgewertet. Dabei handelte es sich um US-amerikanische Patienten, die sich zwischen Januar 2010 und Dezember 2014 wegen einer Ohrverletzung in der Notaufnahme vorgestellt hatten (JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2017, online 21. Dezember).

Wie der HNO-Chirurg Dr. Eric T. Carniol von der Universität Toronto und sein Team berichten, waren die Patienten in den meisten Fällen, nämlich in 63 Prozent, 18 Jahre oder jünger. Kinder unter sechs Jahren machten allein 35 Prozent aller Fälle aus.

Als häufigster Unfallmechanismus (insgesamt 61 Prozent) erwies sich die Verletzung durch Fremdkörper, wobei Wattestäbchen die Hauptübeltäter darstellten; sie waren für knapp 45 Prozent aller Trommelfellperforationen durch Fremdkörper verantwortlich. Deutlich seltener waren Verletzungen mit Haarnadeln (10,6 Prozent), Spielzeug (7,6 Prozent), Stiften (5,3 Prozent) sowie Zahnstochern oder Lollistielen (jeweils 1,7 Prozent).

Schläge auf den Kopf machten 11,4 Prozent der Perforationsursachen aus. Die Autoren weisen darauf hin, dass in anderen Ländern körperliche Gewalt in diesem Zusammenhang eine deutlich größere Rolle zu spielen scheint; so unter anderem auch in Deutschland: In einer Studie der Uni Würzburg mit 238 Patienten lag der Anteil der Trommelfellperforationen, die durch "Schläge mit der flachen Hand" hervorgerufen wurden, bei 37,4 Prozent. Wattestäbchen als Ursache wurden hier in 19,3 Prozent der Fälle ausgemacht.

Das Autorenteam weist noch auf eine weitere Gefährdung hin, die vor allem Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren betrifft: In dieser Altersgruppe dominierten nämlich ganz klar mit 38,1 Prozent die Traumata beim Wassersport. Bei Sportarten wie Tauchen, Turmspringen oder Wasserskifahren komme es teilweise zu hohen Drücken im Kopfbereich, so die HNO-Experten. Aber auch eine Otitis media oder externa, beispielsweise als Folge häufiger Schwimmbadbesuche, könne leicht zum Durchbruch der feinen Membran führen.

In jedem Fall sei es notwendig, den Patienten adäquate Vorsichtsmaßnahmen mit auf den Weg zu geben. Der Hinweis, das verletzte Ohr trocken zu halten, gehöre ebenso dazu wie die Warnung vor dem Gebrauch von Wattestäbchen!

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Häufiges Globusgefühl

Beim „Kloß im Hals“ steckt oft zu viel Spannung im Schlund

Heikle Krankengeschichte

Franz Kafka vor genau 100 Jahren gestorben

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

ASCO-Jahrestagung

Brustkrebs-Prävention wird neu gedacht

Lesetipps
Die Erwartung bei vielen ist hoch, dass die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten vor Erkrankungen schützen bzw. deren Verlauf lindern könnte. Allerdings lassen sich aus Beobachtungsstudien offenbar keine Kausalzusammenhänge ableiten. 

© Ben / stock.adobe.com / generated AI

Gastbeitrag

Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D: Viel hilft nicht immer viel

„Man kann viel tun, aber nicht zum Nulltarif!“, sagt Professor Nicola Buhlinger-Göpfarth zum Thema Hitzeschutz.

© Jens Schicke, Berlin

Interview mit Hausärzteverbands-Chefin

Nicola Buhlinger-Göpfarth: Das sollten Hausarztpraxen in Hitzewellen beachten