Thromboembolien

EMA überprüft Diane®-35

Nach Berichten über venöse Thromboembolien und arterielle Embolien verschwindet Diane®-35 in Frankreich vom Markt. Nun wird die Akne-Kombi europaweit geprüft.

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LONDON/PARIS. Nach der Marktrücknahme des Akne-Medikaments Diane®-35 und entsprechender Generika in Frankreich hat die Europäische Arzneimittelbehörde EMA eine Überprüfung des Nutzen-Risiko-Profils dieser Hormonpräparate angekündigt.

Ende Januar hatte die französische Arzneimittelbehörde ANSM das Ende der nationalen Zulassung der Estrogen/Cyproteronacetat-haltigen Hormonpräparate innerhalb von drei Monaten angeordnet.

In diesem Zeitraum sollen Patientinnen auf Alternativpräparate umgestellt werden. Eine sofortige Beendigung der Therapie sei nicht erforderlich.

Als Begründung für die Marktrücknahme hatte die ANSM eine Neubewertung des Nutzen-Risiko-Profils angeführt.

Demnach sind der Behörde seit der Zulassung vor 25 Jahren 113 Berichte über venöse Thromboembolien und zwölf Berichte über arterielle Embolien zugegangen; vier Todesfälle aus diesem Zeitraum werden mit der Verordnung solcher Präparate in Verbindung gebracht.

Die Reaktion der ANSM wird in Presseberichten zudem mit öffentlichem Druck in Frankreich aufgrund anhängiger Klagen gegen Hersteller kombinierter oraler Kontrazeptiva aufgrund venöser Thromboembolien bei jungen Frauen erklärt.

Von Seiten des Pharmaunternehmens Bayer zeigte man sich überrascht von der ANSM-Entscheidung. Man sei nicht informiert gewesen und wisse nicht, welche Gründe ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen seien.

"Uns sind keine neuen oder wissenschaftlichen Erkenntnisse dahingehend bekannt, die das positive Nutzen-Risiko-Profil (von Diane®-35 - Anmerk. d. Red.) infrage stellen", sagte eine Konzernsprecherin der Nachrichtenagentur dpa-AFX.

Koordinierte Maßnahmen

Diane®-35 und entsprechende Generika sind in Frankreich wie auch in Deutschland lediglich zur Behandlung von Frauen mit ausgeprägter Akne, leichtem Hirsutismus und androgenetischer Alopezie zugelassen.

In den Fachinformationen wird empfohlen, nach Abklingen der Androgenisierungserscheinungen und bestehendem Antikonzeptionswunsch auf ein niedrigdosiertes orales Kontrazeptivum umzustellen.

Bei jährlich mehr als 315.000 Verordnungen in Frankreich wird vermutet, dass die Präparate vielfach auch primär und außerhalb der Zulassung als Kontrazeptiva genutzt werden.

Die europäische Rechtssprechung erfordert nach Angaben der EMA, dass in Fällen der Marktrücknahme eines Medikaments in einem Mitgliedsstaat koordinierte Maßnahmen in der Europäischen Union ergriffen werden.

In den nächsten Tagen wird sich das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der EMA mit den vorliegenden Daten befassen. Die EMA rät ausdrücklich davon ab, laufende Therapien zu beenden, bevor nicht Ergebnisse des Reviews vorliegen.

Von Seiten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hieß es, in Deutschland sei die Verschreibung von Diane®-35 ausschließlich zur Verhütung nicht mehr möglich.

Die jährliche Inzidenz niedrigdosierter estrogenhaltiger Antikonzeptiva wird mit bis zu 40 venösen Thromboembolien pro 100.000 Anwenderinnen angegeben, unter Nichtanwenderinnen mit bis zu 10/100.000. Bei niedrigem Estrogengehalt (weniger als 50 Mikrogramm) beeinflusst der Gestagengehalt das Thromboembolierisiko.

In einer dänischen Kohortenstudie waren bei Estrogen-Kombinationen mit Cyproteronacetat, Drosperinon, Desogestrel oder Gestoden zweimal häufiger Thromboembolien aufgetreten als mit Levonorgestrel-haltigen Präparaten (BMJ 2011; 343: d6423). Allerdings weisen Gestagene wie Levonorgestrel und Norethisteron eine androgene Restwirkung auf. (ner)

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