Bei kranken Männern ist Nachfragen wichtig

DÜSSELDORF (gvg). Für Professor Siegfried Meryn von der Universität Wien ist die Sache klar: Männer gehören für ihn ganz nach oben auf die Liste so genannter Problempatienten - unabhängig davon, welche Krankheiten sie haben. Dafür gibt es nach Ansicht des Experten für Männergesundheit zwei Gründe.

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Zum einen sei das Gesundheitsbewußtsein der Männer wesentlich geringer ausgeprägt als das von Frauen, und zum anderen seien männliche Patienten in Arztpraxen meist sehr kurz angebunden, so Meryn. Studien hätten ergeben, daß die bei weitem kürzesten Gespräche in Arztpraxen die zwischen männlichen Ärzten und männlichen Patienten seien. "Da müssen wir uns nicht wundern, wenn vieles unter den Tisch fällt", so Meryn aus Anlaß der Medica in Düsseldorf.

Wer beim Thema Männergesundheit sofort und ausschließlich an Potenzschwäche denkt, den möchte Meryn eines Besseren belehren. Die besonderen Schwierigkeiten, mit denen Ärzte beim "Patienten Mann" konfrontiert sind, gehen weit über das Thema Potenzstörungen hinaus. Meryn: "Verglichen mit Frauen gehen Männer seltener zu Vorsorgeuntersuchungen. Sie lassen sich auch seltener gegen Grippe oder andere Erkrankungen impfen, denn sie haben ein ganz anderes Verständnis von Gesundheit".

Dieses andere Gesundheitsverständnis kann Meryn auch in Zahlen fassen: "Männer, denen beim Stuhlgang Blutbeimengungen auffallen, brauchen im Durchschnitt zehn Tage, bis sie sich deswegen an einen Arzt wenden. Bei Frauen dauert das maximal drei bis fünf Tage". Für den Arzt oder die Ärztin in der Praxis heißt das: Wer sich einfach zufrieden damit gibt, wenn ein Mann abwiegelt oder seine medizinischen Probleme bagatellisiert, der übersieht leicht wichtige Hinweise, etwa erste Zeichen einer Krebserkrankung. Nachfragen heißt also die Devise.

Die Potenzschwäche ist zwar nicht das einzige, aber ein wichtiges Männerproblem, mit dem Ärzte in der Praxis konfrontiert werden. Die Kunst ist es, zwischen jenen Männern zu unterscheiden, bei denen das Problem durch einen Hormonmangel verursacht wird, und jenen, bei denen die Potenzschwäche Zeichen einer Gefäßschädigung ist, etwa bei einer Herz-Kreislauferkrankung oder bei einem Patienten mit Diabetes mellitus.

Eine solche Unterscheidung ist wichtig, denn nicht nur bei Frauen in den Wechseljahren, sondern auch bei alternden Männern kann eine veränderte Hormonproduktion zu Problemen führen. So haben ältere Männer oft zu wenig Testosteron und zu wenig Wachstumshormon.

"Etwa ab dem 40. Lebensjahr sinkt bei Männern der Testosterongehalt im Blut. Um das 60. Lebensjahr herum hat etwa ein Drittel der Männer eindeutig zu niedrige Testosteron-Werte. Und davon klagt wiederum ein Drittel über Symptome, die auf diesem Hormonmangel beruhen", so Meryn. Häufige Symptome bei Männern mit Hormonmangel sind mangelnder sexueller Appetit, Muskel- und Knochenschwund, Depressionen sowie Blutarmut.

Was also tun? Hinnehmen müsse den Hormonmangel heute niemand mehr, versichert Meryn. Hat ein Mann einen zu niedrigen Testosteronspiegel und die dazu passenden Beschwerden, dann kommt vor allem eine Hormonersatz-Therapie in Frage, und bei Potenzproblemen hilft auch eine Therapie mit Potenzmitteln. "Oft hilft bei Potenzschwäche allerdings erst die Kombination aus Potenzpille und Hormonersatz", weiß Meryn.

Ersetzt wird vor allem Testosteron. Früher wurde das Hormon alle drei Wochen in einen Muskel gespritzt. Heute gibt es länger wirksame Formulierungen, für die nur noch einmal im Vierteljahr gepiekst werden muß. Inzwischen werden jedoch auch häufig Testosteron-Gele verwendet, die Mann sich am besten von Frau in den Rücken einmassieren läßt. Und in Australien gibt es seit neuestem kleine Testosteron-Plättchen, die einfach unter die Haut gepflanzt werden.

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