Die Therapie

Langes Leben mit HIV ist möglich, startet die Therapie rechtzeitig

Seit Einführung der modernen hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) Mitte der 90er Jahre hat sich die Lebenserwartung von Menschen mit HIV-Infektion enorm verlängert.

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Eine wahre Erfolgsgeschichte ist die Therapie gegen HIV für die Mehrzahl der Betroffenen: Wird die Diagnose früh gestellt, hat ein 25-jähriger Mann mit HIV heute dank der modernen HIV-Therapie wahrscheinlich eine Lebenserwartung von weiteren 40 Jahren - also nur zehn Jahre weniger als Gleichaltrige ohne HIV-Infektion. Diesen Erfolg der Therapie belegt auch eine neue US-Studie, in der Daten von über 16 000 Patienten mit HIV-Infektion ausgewertet wurden: Vor 1996 lag die HIV-bedingte zusätzliche Sterberate bei 41 pro 1000 Personenjahren. Für den Zeitraum 2004 bis 2006 ging die Zahl auf 6,1 pro 1000 Personenjahren zurück (JAMA 300, 2008, 51). In den ersten fünf Jahren nach der Ansteckung ist die Sterberate nicht anders als bei Personen ohne die Infektion.

Bei einigen Patienten führt die hohe Mutationsrate des Virus zu Resistenzen. Andere leiden unter den Nebenwirkungen der Arzneien und müssen die Therapie ändern. Trotz der Therapie kommt es zu Demenz oder neurologischen Beschwerden bei den HIV-positiven Patienten.

Entscheidend für einen Therapieerfolg ist die Früherkennung. Bei HIV-infizierten Menschen ohne Symptome ist nach wie vor die Zahl der T-Helferzellen als Maß für die fortschreitende Zerstörung des Immunsystems durch das Virus der Orientierungspunkt für den Therapiestart. Bisher galt: Ab einer T-Helferzellzahl von 200 / µl Blut soll mit der antiretroviralen Therapie begonnen werden. Inzwischen wird ein höherer Wert von 350 T-Helferzellen als Grenze diskutiert. Denn Kohortenstudien haben ergeben, dass bereits im Bereich einer T-Helferzellzahl von 200 bis 400 / µl Blut die Risiken für eine schwere Erkrankung und für den Tod steigen.

Der optimale Zeitpunkt für den Therapiestart ist aber weiter ungeklärt. Besser gesicherte Erkenntnisse dazu soll die prospektive START-Studie mit mehr als 4000 Patienten bringen. Die HIV-Therapie wird dabei entweder bei mehr als 450 T-Helferzellen begonnen oder erst bei einer Zellzahl von 275 bis 325. Nach fünf Jahren werden die Raten von Patienten mit schweren Aids-assoziierten und internistischen Symptomen in beiden Gruppen verglichen.

Ziel der Therapie gegen HIV ist nach wie vor, die Virusreplikation dauerhaft zu unterdrücken. Dies gelingt mit HAART. Begonnen wird generell mit drei antiretroviral wirksamen Substanzen: zwei Nukleosidanaloga plus entweder einem nichtnukleosidischen Hemmstoff der Reversen Transkriptase (RT) oder plus einem Hemmstoff der Protease. Erwartet wird, dass in die Therapieschemata Bewegung kommt. Denn mit der Integrase-Hemmung etabliert sich eine weitere Substanzklasse in der antiretroviralen Therapie.

In der Praxis bedeutete HAART für die Betroffenen, regelmäßig viele Arzneien zu nehmen, was die Compliance erschwerte. Mittlerweile ist das ultimative Ziel - HAART mit nur einer Tablette am Tag - erreicht worden: Die Dreier-Kombi Atripla® muss nur einmal täglich eingenommen werden.

Große Hoffnung wird seit langem auf einen Impfstoff gegen HIV gesetzt - doch bisher sind die Bemühungen trotz intensiver Forschung ohne Erfolg. Erst Ende 2007 musste die große Impfstudie (STEP) mit 3000 Teilnehmern eingestellt werden. Das Problem scheint zu sein, dass HIV genau die Zellen befällt, die durch eine Impfung angeregt werden, nämlich die T-Zellen. Dass es jedoch Immunmechanismen gibt, die HIV in Schach halten können, belegt die Tatsache, dass bei manchen HIV-Infizierten die Virusmenge über viele Jahre unter der Nachweisgrenze bleibt, sogar bis zu 25 Jahre lang.

Forschergruppen entwickeln und testen daher weitere Impfstoffkandidaten, auch in Deutschland. Erst vor kurzem berichteten US-Forscher vom Erfolg mit einer Vakzine bei Affen (Nature online). Es gibt also noch keinen Grund, die Hoffnung ganz aufzugeben. (ug)

Schutz vor HIV-Infektionen im Medizinbereich

So kann das Infektionsrisiko durch Verletzungen mit kontaminierten scharfen, spitzen Gegenständen, minimiert werden:

  • Konzentriertes und überlegtes Arbeiten vermeidet akzidentelle Infektionen am effektivsten.
  • Schutzkappe nie auf benutzte Kanüle zurückstecken!
  • Verwendung von Sicherheitskanülen bei Blutentnahmen.
  • Bruch- und durchstichsichere Behälter für benutzte Kanülen verwenden, nicht überfüllen!
  • Schutzhandschuhe vor möglichem Kontakt mit infektiösem Material anlegen!

Weitere Maßnahmen, auch zur postexpositionellen Prophylaxe der HIV-Infektion stehen in einer entsprechenden Leitlinie, im Web: www.daignet.de - unter "HIV-Therapie"

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