Neurophysiologen warnen

Vollrausch schädigt junges Hirn

Kürzere Aufmerksamkeitsspanne, Probleme beim Vokabeln lernen: Alkohol wirkt sich deutlich auf das Gehirn Jugendlicher aus.

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Die Gehirnzellen von trinkenden Jugendlichen sind einer Studie zufolge weniger stark vernetzt.

Die Gehirnzellen von trinkenden Jugendlichen sind einer Studie zufolge weniger stark vernetzt.

© richkin1979 / stock.adobe.com

BERLIN. Viele Eltern haben Angst, dass Jugendliche durch Alkohol zu risikobereitem Verhalten neigen, sich verletzen und im Krankenhaus landen. Doch während Trunkenheitssymptome wie Sprach- oder Koordinationsprobleme am nächsten Morgen verschwunden sind, bleiben die nachhaltigen Hirnschäden oft unbemerkt.

Jugendliche und junge Erwachsene, die sich regelmäßig in den Vollrausch trinken, haben Entwicklungsrückstände in verschiedenen Hirnregionen. In Tests, die Aufmerksamkeit oder Impulskontrolle erfordern, schneiden sie schlechter ab als ihre Altersgenossen, die wenig bis gar keinen Alkohol zu sich nehmen, teilt die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften mit.

Mit der funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) haben Forscher die Gehirne von trinkenden und abstinenten Jugendlichen miteinander verglichen. Als starker Trinker galt dabei, wer bei einem Anlass mindestens vier alkoholische Getränke innerhalb von zwei Stunden konsumierte.

Mit verschiedenen Tests wurden außerdem Impulskontrolle, Arbeitsgedächtnis, Gedächtnis, Lernfähigkeit und der Abhängigkeitsgrad der Teilnehmer untersucht. Das Gesamtvolumen der Großhirnrinde und des Kleinhirns war bei den trinkenden Jugendlichen geringer: Sie hatten weniger weiße Substanz als die Nichttrinker; ihre Hirnzellen waren also weniger stark miteinander vernetzt.

Kürzere Aufmerksamkeitsspanne bei den Trinkern

Trinkende Jugendliche reagierten öfter impulsiv und hatten eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne als Altersgenossen, die nur wenig Alkohol tranken. Sie schnitten außerdem schlechter ab, wenn es darum ging, neue Vokabeln zu lernen. Mädchen und junge Frauen, die regelmäßig tranken, taten sich schwerer beim räumlichen Denken (Front Psychol 2017;8:1111, doi: 10.3389/fpsyg.2017.01111).

In einigen Studien zeigten die Forscher den Teilnehmern Bilder von Alkohol. Bei den Trinkern entdeckten sie eine starke Reaktion im Belohnungssystem des Gehirns, wie man sie auch bei Alkoholabhängigen findet.

"Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen reift das Gehirn noch, vor allem in den Regionen, die die sozialen Kompetenzen steuern", erklärt Professor Otto Witte von der DGKN. "Wer in dieser wichtigen Entwicklungsphase regelmäßig viel Alkohol trinkt, kann sein Gehirn nachhaltig schädigen."

Mit den neuen Studienergebnissen sieht Witte die Ratschläge vieler Eltern bestätigt: "Mit Blick auf ihre Zukunft sollten vor allem junge Erwachsene alkoholische Getränke nur in geringen Dosen konsumieren." (mmr)

In einer Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gaben 13,5 Prozent der 12- bis 17-Jährigen an, sich im letzten Monat mindestens einmal in den Rausch getrunken zu haben. Bei den 18- bis 25-Jährigen waren es 40 Prozent der Männer und jede fünfte Frau.

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