Vor dem Tremor kommt oft erst ein Muskelhartspann

Häufig beginnt Morbus Parkinson mit sehr unspezifischen Symptomen wie Verspannung und Schulterschmerz. Sprechen Patienten auf schmerzlindernde und spannungslösende Therapien nicht gut an, lohnt es sich, gezielt nach Parkinson-Frühsymptomen zu schauen. Dies können Veränderungen der Geruchs- und Farbwahrnehmung oder ersten motorischen Störungen sein. Mit geeigneten Fragen und einfachen Tests lassen sich Frühsymptome ohne großen Aufwand erkennen.

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Wer denkt bei einem 41jährigen sportlichen Mann mit Schulterhartspann schon an eine neurologische Erkrankung? Über einen solchen Patienten berichtete Dr. Petra Lenzen, Allgemeinärztin aus Aßlar in Hessen der "Ärzte Zeitung". Sie schickte ihn zunächst zum Orthopäden, doch die Beschwerden besserten sich nicht wesentlich. Schließlich bemerkte die Kollegin einen leichten Tremor an einer Hand und überwies den Mann an einen Neurologen. Die Diagnose: Morbus Parkinson.

Seither schaut Petra Lenzen noch genauer hin, wenn sie Patienten mit persistierenden Verspannungen oder Schmerzen hat, die vor allem im Schulter-Nackenbereich auftreten: "Wichtig ist, daß man die Patienten herumlaufen und sich bewegen läßt und sie nicht nur im Sitzen untersucht", sagt sie. Vielleicht fällt dabei ein einseitiges Armschwingen auf. Auch eine leicht nach vorne gebeugte Köperhaltung, ein schlurfender Gang, ein Bein, das nachgezogen wird oder sehr kleine Schritte können auf einen Beginn der Erkrankung deuten. Wichtig bei solchen Bewegungsauffälligkeiten: Bei Morbus Parkinson treten sie, wie auch ein Tremor, anfangs meist nur einseitig auf. Erste Hinweise auf eine Parkinson-Erkrankung können jedoch auch einige andere Symptome liefern:

  • Die Sprache wird oft leise und monoton, gegen Ende des Satzes werden Patienten immer schneller und lassen mitunter auch Wortteile aus.
  • Die Schrift wird schon Jahre vor Manifestation der Kardinalsymptome kleiner, krakelig und rutscht aus der Zeile.
  • Gerüche können Parkinson-Patienten nur schlecht unterscheiden: Praktisch alle Patienten mit idiopathischem Morbus Parkinson verlieren die Fähigkeit, das Gewürz Oregano zu erkennen. Der Grund: Dopaminerge Neurone gehen bei der Krankheit nicht nur in der Substantia nigra, sondern auch in Seh- und Riechnerven zugrunde.
  • Sehstörungen sind daher ebenfalls häufig. Fast alle Patienten haben schon früh damit Probleme, Farbschattierungen und Farbkonturen zu unterscheiden. In Frage kommt dann zum Beispiel ein einfacher Test mit einem Blatt oder einen Tafel mit hellem Hintergrund, auf dem einfarbige Streifen, etwa rot, in Balken angeordnet sind. Von Balken zu Balken nimmt die Dicke der roten Streifen zu. Der unterste Balken ist ein einziger großer, roter Block. Ein Patient mit Morbus Parkinson hält auch schon Blöcke für einfarbig ausgefüllt, in denen der Hintergrund für gesunde Menschen noch deutlich erkennbar. Ein weiterer Test: Läßt man die Patienten Töpfchen nach Farbnuancen in eine Reihe sortieren machen sie deutlich mehr Fehler als Personen ohne Morbus Parkinson.
  • Hypersalvation tritt ebenfalls sehr früh auf. Sie läßt sich etwa mit der Frage überprüfen, ob morgens nach dem Aufwachen das Kopfkissen etwas feucht ist.
  • Eine Depression kann ein Warnzeichen sein, wenn sie bei Patienten auftritt, bei denen bisher keine depressive Neigung bekannt war. Bei einer Depression aufgrund einer Parkinson-Erkrankung kommen Gereiztheit, Irritabilität, Dysphorie und Traurigkeit meist häufiger vor als bei Depressiven ohne Morbus Parkinson, Versagens- und Schuldgefühle dagegen seltener, so Privatdozent Matthias Lemke von den Rheinischen Kliniken Bonn (DNP 7, 2003, 36). Der Psychiater rät, bei Patienten mit Depressionen grundsätzlich auch nach Parkinson-Symptomen zu schauen. (mut)
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