REM-Schlaf

Auffälliges Verhalten oft fehlinterpretiert

REM-Schlafverhaltensstörung würden oft fehlinterpretiert, erinnern Experten zum "Tag des Schlafes" am 21. Juni. Vor allem Frauen könnten von qualifizierter Diagnostik profitieren.

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DARMSTADT. Sie sind angespannt, schlagen im Schlaf um sich, treten und verletzen dabei nicht selten den Partner oder sich selbst: Menschen mit einer REM-Schlafverhaltensstörung (RBD) haben aggressive Träume; meist richtet sich die geträumte Gewalt gegen sie selbst.

Allerdings könnte angesichts des komplexen Krankheitsbildes die Dunkelziffer hoch liegen. Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) plädiert deshalb für eine Diagnostik im Schlaflabor, die Polysomnographie.

Denn eine RBD sei weit mehr als eine unangenehme Schlafstörung, erinnert die DGKN aus Anlass des "Tages des Schlafes" am 21. Juni. In mehr als 80 Prozent der Fälle sei sie ein Frühsymptom für neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson oder bestimmte Demenzformen.

Die Anteil der Menschen mit REM-Schlafverhaltensstörungen (RBD, (rapid-eye-movement sleep behaviour disorder) in der Bevölkerung wird auf etwa 0,5 Prozent geschätzt - rund 90 Prozent sind Männer.

"Wir gehen jedoch davon aus, dass RBD bei Frauen zu selten erkannt wird", wird Professor Geert Mayer, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie und Ärztlicher Leiter der Hephata-Klinik Treysa in der Mitteilung der DGKN zitiert.

"Studien deuten darauf hin, dass Frauen mit Schlafstörung weniger aggressive Träume haben als Männer und ihre RBD deshalb mit unauffälligerem nächtlichen Verhalten einhergeht."

Erschwerend käme hinzu, dass die Symptome häufig mit denen bei Restless Legs, Schlafwandeln oder anderen motorischen Auffälligkeiten im Schlaf verwechselt werden können. Im Falle einer Parkinsonerkrankung, als deren Vorbote die Schlafstörung betrachtet wird, liegt der Anteil der RBD-Betroffenen Frauen schon höher, bei etwa 40 Prozent.

Dreistufiges Diagnoseverfahren

Gerade weil RBD früh auf eine Neurodegeneration hinweist, ist ein exakter Befund wichtig. Mayer habe mit anderen Forschern in einer noch unveröffentlichten Studie ein dreistufiges Diagnoseverfahren erarbeitet, so die DGKN. Danach sollten Patienten zunächst einen Fragebogen mit einfachen Ja/Nein-Fragen beantworten.

Es folgt eine persönliche Befragung des Patienten und Partners. Abschließend wird eine Video-überwachte Polysomnographie im Schlaflabor durchgeführt - laut Mayer die einzig verlässliche Methode zur sicheren Diagnose.

"Diese Verfahren liefern Hinweise zum Beispiel über die Häufigkeit, Heftigkeit und den Verlauf der nächtlichen Bewegungen sowie über die Schlafphase und messen die Hirnströme der Patienten", wird Mayer, Vorsitzender der DGKN-Kommission Polysomnographie, zitiert.

Dabei verweisen abweichende Hirnströme auf eine kognitive Störung, die mit einem schnelleren Fortschreiten der RBD einhergehen kann.

Die Ergebnisse werden anschließend mit den erfragten Trauminhalten verglichen und es werden Subtypen gebildet: RBD-Patienten mit erhöhtem Risiko für Parkinson, Lewy-Körperchen-Demenz oder Multisystematrophie. "Dementsprechend können wir frühzeitig therapeutisch eingreifen", erklärt Mayer.

Sowohl die klinische Befragung als auch die Polysomnographie müssten spezialisierte Schlafmediziner durchführen und auswerten, betonen die Studienautoren. Für eine Polysomnographie ist eine Zusatzqualifikation nötig, die auch die DGKN anbietet.

"Es gibt bislang kein einheitliches RBD-Diagnoseverfahren", so Mayer in der Mitteilung der DGKN. "Unsere Arbeit soll dafür eine Richtlinie geben und bisher übersehene Fälle vor allem bei Frauen aufdecken." (eb)

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