Schmerzen im Stirnbereich

Nebenhöhlenentzündung ist oft nicht der Übeltäter

Bei einseitig pochenden Kopfschmerzen in der Erkältungszeit meinen viele Patienten, eine Nebenhöhlenentzündung zu haben. Dabei steckt oft ganz etwas Anderes dahinter.

Katharina GrzegorekVon Katharina Grzegorek Veröffentlicht:
Hinter einem sinugenen Kopfschmerz steckt oftmals eine Migräne.

Hinter einem sinugenen Kopfschmerz steckt oftmals eine Migräne.

© Janina Dierks / fotolia.com

BRÜSSEL. Dort wo es weh tut, liegt auch die Ursache für den Schmerz - diese Überzeugung haben Patienten oft.

Und so haben viele vor allem in der Erkältungssaison auch eine Erklärung für Schmerzen im Stirnbereich parat: Nebenhöhlenentzündung.

Studien haben jedoch ergeben, dass der echte sinugene Kopfschmerz eher selten ist: "90 Prozent aller Kopfschmerzen, die auf eine Nasennebenhöhle zurückgeführt werden, sind in Wahrheit migränebedingte Kopfschmerzen", so Professor Olaf Michel vom Universitätskrankenhaus Brüssel (HNO-Nachrichten 2015; 45:29-33).

Die Ähnlichkeit der Symptome kommt daher, dass sowohl Nasennebenhöhlen als auch Meningen vom Nervus trigeminus innerviert werden. So ist der eigentliche Ursprung der Schmerzen bei Irritation des Nervs für den Patienten nur schwer zu bestimmen.

Probebehandlung mit Migränemedikament empfohlen

Hinzu kommt, dass laufende Nase und behinderte Nasenatmung auch zum Krankheitsbild der Migräne passen, denn die Stimulation des autonomen Nervensystems kann beide Symptome verursachen.

"Tatsächlich sind für den einseitigen pochenden Kopfschmerz nur in circa vier Prozent aller Fälle die Nasennebenhöhlen verantwortlich", so Michel. Er empfiehl daher eine Probebehandlung mit einem Migränemedikament, um beide Krankheitsbilder auseinanderzuhalten.

Auch ein Allergietest sei bei Kopfschmerzen gar nicht so abwegig: Nach einer Untersuchung hatten von 100 Patienten, die mit Verdacht auf sinugene Kopfschmerzproblematik zum HNO-Arzt geschickt wurden, fast die Hälfte in Wahrheit eine Migräne, berichtet Michel.

Allerdings war nur bei 13 Prozent ausschließlich die Migräne Schuld für die Symptome: 19 Prozent hatten eine Allergie, elf Prozent eine Sinusitis und sechs Prozent eine Allergie und eine Sinusitis.

Hinter der vermeintlichen Sinusitis können sich auch andere Kopfschmerzarten verbergen: Bei Cluster-Kopfschmerz fällt die Abgrenzung zur Sinusitis leichter als bei der Migräne, da die Schmerzen nicht so lange anhalten und außergewöhnlich stark sind.

Kopfschmerzen sind auch dringendes Alarmsignal

Auch Schmerzen, die vom Bereich der Augen und Augenhöhlen ausgehen, werden häufig den Nasennebenhöhlen zugeschrieben.

Dabei gibt es eine Reihe ophtalmologischer Ursachen für Kopfschmerzen, wie das Glaukom, die Neuritis nervi optici oder durch Sehstörungen bedingter Kopfschmerz.

Kopfschmerzen können auch ein dringendes Alarmsignal sein, erinnert Michel. Vernichtungskopfschmerz sollte an eine subarachnoidale Blutung denken lassen; bei Blutdruckanstieg auf 180 mmHg systolisch und 120 mmHg diastolisch muss eine hypertensive Krise in Betracht gezogen werden.

Die Ursachen für Kopfschmerzen sind also vielfältig, resümiert Michel. Sofern keine klaren Zeichen für eine Rhinosinusitis vorlägen, sei sinugener Kopfschmerz selten.

"Die Zusammenarbeit mit anderen "Kopffächern"ist entscheidend", denn der zu schnelle Griff zum Rezeptblock oder Operationsplaner geht häufig am Ziel zu helfen vorbei", so Michel.

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