Sportmedizin

Barfußschuh ist kein Selbstläufer

Barfußschuhe sollen die Verletzungsgefahr beim Laufen senken. Laut Ergebnissen einer australischen Studie ist aber eher das Gegenteil der Fall.Das gilt besonders für schwergewichtige Läufer.

Veröffentlicht:

ADELAIDE.Je nachdem, wie man den Begriff Verletzung definiert, ist Laufen eine durchaus läsionsintensive Sportart. Studien zum Thema kamen für einen Zeitraum von 18 Monaten auf Inzidenzen von bis zu 92 Prozent für Verletzungen insgesamt und 79 Prozent für Verletzungen der unteren Extremitäten. Dazu zählten dann aber bereits Blasen an den Füßen, die als Trainingshindernis freilich nicht zu unterschätzen sind.Barfußschuhe sollen Verletzungen vorbeugen, indem sie die Biomechanik des Laufens verändern, etwa die Belastung beim ersten Bodenkontakt vom hinteren auf den vorderen Fußteil verlagern. Gemessen an den vorhandenen Belegen ist diese Aussage aber mehr der Laufschuhwerbung als der Sportwissenschaft zuzuordnen. Ein Forscherteam der University of South Australia in Adelaide um Joel Fuller hat in einer randomisierten Studie untersucht, wie sich das Laufen in Barfußschuhen auf das Befinden der Läufer auswirkt (Am J Sports Med 2017, online 27. Januar).

61 trainierte Läufer mit einer mittleren wöchentlichen Laufstrecke von 25 km, die ihrem Habitus nach beim Erstkontakt eher den Rückfuß belasteten, nahmen an der Studie teil. 30 von ihnen wurden 26 Wochen lang in konventionelle (Asics Gel Cumulus), 31 in Barfußschuhe (Asics Piranha SP4) gesteckt.

Läufer in Barfußschuhen verspürten ab Laufwoche 7 deutlich stärkere Schmerzen (> 10 mm auf einer 100-mm-Skala) als diejenigen, die ihre Kilometer in konventionellen Laufschuhen zurücklegten. Signifikante Unterschiede traten dabei im Knöchel, Waden-, Schienbein- und Kniebereich auf. Zudem spielte die Laufdistanz eine Rolle. Schmerzhafter wurde es ab Wochenkilometer 35.

Während der 26 Wochen zogen sich 16 der 31 Barfußschuhläufer und 11 der 30 Läufer in konventionellen Schuhen Verletzungen zu. Dieser Unterschied war per se nicht statistisch relevant. Das änderte sich, als das Körpergewicht der Läufer in die Berechnungen einfloss. Dabei zeigte sich, dass ab einem Körpergewicht von gut 71 kg das Verletzungsrisiko in Barfußschuhen steigt, wobei vor allem Knie, Schienbeine und Waden betroffen waren. Barfußläufer mit einem Gewicht von knapp 86 kg verletzten sich doppelt so häufig wie jene mit 71 kg. In dieser Gewichtsklasse beträgt das Verletzungsrisiko innerhalb von 26 Wochen 68 Prozent in Barfuß- und 22 Prozent in konventionellen Laufschuhen. Nur Läufer mit einem Gewicht von unter 57 kg können durch Barfußschuhe ihr Verletzungsrisiko womöglich senken.

"Die Wahrscheinlichkeit, sich nach dem Umstieg auf Barfußschuhe beim Laufen zu verletzen, nimmt mit dem Körpergewicht zu", schreiben Fuller und Mitarbeiter in ihrem Resümee. Schwere Läufer sollten deshalb einen Verzicht auf solches Schuhwerk erwägen. Außerdem sei das Laufen in Barfußschuhen, verglichen mit herkömmlichem Laufschuhwerk, ab einer Laufdistanz von mehr als 35 km pro Woche schmerzhafter. Die Laufdistanz solle beim Übergang zu Barfußschuhen nicht um mehr als 1,7 km pro Woche gesteigert werden. (rb)

Mehr zum Thema

Analyse der Rottderdam-Studie

Mit dem altersbedingten Muskelschwund steigt wohl das Sterberisiko

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kabinett winkt GVSG durch

Lauterbach macht Hausarztpraxen Mut: „Jede Leistung wird bezahlt“

Aktuelle Forschung

Antikörper – die Verkuppler der Krebsmedizin

Lesetipps
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (r.) bei der Kabinettssitzung am Mittwoch in Berlin.

© Michael Kappeler/dpa

Bessere Rahmenbedingungen für Praxen

Kabinett macht Weg für Lauterbachs Hausärzte-Gesetz frei

Heiße Nächte können nicht nur nervig sein. Sie gehen auch mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle einher, so das Ergebnis einer Studie aus München und Augsburg.

© samuel / stock.adobe.com

Studie mit Daten zu 11.000 Schlaganfällen

Tropische Nächte sind offenbar ein Risikofaktor für Schlaganfälle

Der Nephrologe Prof. Jürgen Floege von der Uniklinik RWTH Aachen rät beim 18. Allgemeinmedizin-Update-Seminar in Mainz davon ab den RAS-Blocker abzusetzen wenn der Kaliumspiegel des Patienten ansteigt, da so weder die eGFR verbessert noch das Hyperkaliämierisiko gesenkt wird.

© SaroStock / stock.adobe.com / generated AI

Nephrologe rät

RAS-Blocker bei Hyperkaliämie möglichst nicht sofort absetzen