1989: "Erfolg in der Forschung durch große Geduld"

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Vor nunmehr 16 Jahren ist ein innovatives Medikament mit dem Galenus-von-Pergamon-Preis - der damals noch Claudius-Galenus-Preis hieß - ausgezeichnet worden, dessen muskelrelaxierender Effekt eher zufällig entdeckt worden war. Dantrolen wurde von Forschern des Unternehmens Norwich Eaton - heute Procter & Gamble - in New York bei der Suche nach antimikrobiell wirksamen Stoffen synthetisiert.

Unter den Anfang der 60er Jahre synthetisierten Substanzen war eine chemische Verbindung, die einen Nitrophenyl-Furan und einen Hydantoin-Anteil hatte und mit Dandrolen bezeichnet wurde. Eine antimikrobielle Wirksamkeit konnte in Tierversuchen mit dieser Substanz jedoch nicht nachgewiesen werden.

Stattdessen war es einem Zufall zu verdanken, daß Mitte der 60er Jahre von einem Mitarbeiter des Unternehmens die muskelentspannende Wirkung von Dantrolen entdeckt wurde. Denn Mäuse, die damit behandelt wurden, konnten sich kaum mehr bewegen, ihre Haltung war extrem relaxiert. 1967 wurde die muskelentspannende Eigenschaft der neuen Hydantoin-Substanzklasse erstmals publiziert (J Med Chem 10/5, 1967, 807).

Die muskelrelaxierende Eigenschaft wurde schließlich in einem Tiermodell für Maligne Hyperthermie überprüft. Bei dieser postoperativen Komplikation kommt es in den Muskeln zu einer Kalziumüberladung und zu einem Hitzschlag. Die Forscher lösten bei genetisch belasteten Schweinen die Maligne Hyperthermie, durch das Anästhetikum Halothan aus. Tatsächlich ließen sich durch die Behandlung der Hypermetabolismus der Skelettmuskulatur und der Rigor verhindern.

Nachdem die Wirksamkeit auch in klinischen Studien bestätigt worden war, wurde Dantrolen erstmals 1979 in Kanada und in den Vereinigten Staaten von Amerika zur Therapie von Patienten mit Maligner Hyperthermie zugelassen, zwei Jahre später dann auch in Deutschland. 1989 wurde hier schließlich Dantrolen des Unternehmens Röhm-Pharma, heute Procter & Gamble, zum Gewinner des Galenus-Preises in der Kategorie A gekürt.

Seit Einführung von Dantrolen in die Therapie bei Maligner Hyperthermie konnte die Sterblichkeit von mehr als 70 Prozent auf unter sieben Prozent gedrückt werden. Bei der Verleihung des Preises in Berlin sagte Jörg Haupt, damals Geschäftsführer des Unternehmens, "der forscherische Kriminalroman" von den ersten Hinweisen auf eine muskelrelaxierende Wirkung des Präparates im Jahr 1963 bis zur Lege-artis-Herstellung einer intravenös applizierbaren Form in den 80er Jahren sei ein Beispiel dafür, wie ein Unternehmen "mit großer Geduld und mit Durchsetzungsvermögen" ein Medikament entwickele.

Auch 1989 wurde in der Kategorie B kein Galenus-Preis verliehen. In der Kategorie C mit jeweils einer Medaille und 10 000 DM wurden Privatdozent Dr. Johannes Mann von der Universitätsklinik Heidelberg und Dr. Peter Wiedemann von der Augenklinik in Köln geehrt. Sie wurden für herausragende Leistungen der industrieunabhängigen Forschung ausgezeichnet.

Mann entdeckte in seinen Forschungen mit Ratten, daß das Reninsystem in den Gefäßen und das in den Nieren in der Hochdrucktherapie gleichermaßen bedeutsam für die Regulation des Blutdrucks und für die Hemmung und Aktivierung dieses Systems sind.

Wiedemann erforschte die proliferierende Vitreoretinopathie, die ohne Therapie zur Erblindung führt. Der Wissenschaftler überprüfte vor allem die therapeutische Wirksamkeit von Daunorubicin. Er wurde von der Jury vor allem für die exemplarische Versuchsanordnung - von den In-vitro-Experimenten über Versuche am Tiermodell bis zu den klinischen Studien - ausgezeichnet.

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