Karriere im Op in Hosen, Gehrock und mit Fliege

Veröffentlicht:

von Ronald D. Gerste

Am Anfang des Lebens steht der Name einer Ärztin. Die Anästhesistin Virginia Apgar aus New York stellte 1952 ein Punktesystem vor, das über den Zustand eines Neugeborenen Auskunft gibt, basierend auf Herzfrequenz, Atmung, Muskeltonus, Reflexen und Körperfarbe.

Als Apgar Score ist es heute Standard - je höher "der Apgar", desto glücklicher Eltern und Ärzte. Die National Library of Medicine in Bethesda im US-Bundesstaat Maryland trägt der Rolle, die Frauen in der amerikanischen Medizin in den letzten 100 Jahren gespielt haben, mit einer Ausstellung Rechnung.

Die Erfolgsgeschichten - vom Scheitern des Traumes, Ärztin zu werden, kündet die Ausstellung nicht - verdecken leicht, daß es noch gar nicht so lange her ist, als Frauen nur gegen größten Widerstand in die Männerwelt der Heilkunde vordringen konnten. Mary Walker hatte als eine der ersten Amerikanerinnen 1855 ihr medizinisches Examen gemacht, doch als der Bürgerkrieg ausbrach, wollte die Armeeführung des Nordens sie allenfalls in der Rolle einer Krankenschwester sehen.

Sie operierte dennoch und erhielt später die höchste zivile Auszeichnung der USA, die Congressional Medal of Honor. Daß sie Männerkleidung trug, war für sie eine Selbstverständlichkeit - für Kollegen wie Patienten indes Anlaß nicht enden wollenden Spottes. Vielleicht nicht ganz ohne Grund: Auf einer alten Daguerrotypie erscheint sie in Hosen, Gehrock und mit Fliege wie eine bartlose Version von Präsident Lincoln.

Herausgestellt werden in der Ausstellung die Leistungen von Ärztinnen auf verschiedenen Gebieten, als eine unverzichtbare Säule des öffentlichen Gesundheitswesens, in der Ausbildung von Studenten wie der Gesundheitsaufklärung der Bevölkerung sowie als Entdecker und Pioniere.

Es ist in dieser Rubrik, wo auch die in Deutschland bekannteren Namen auftauchen wie etwa jene von Irené Ferrer, die an der Entwicklung des Herzkatheters beteiligt war oder Helen Taussig. Die Medizinerin vom Johns Hopkins Medical Center in Baltimore begann ab 1944 zusammen mit dem Chirurgen Alfred Blalock Kinder, die an einer sogenannten Fallotschen Tetralogie litten, mit einem kühnen Eingriff zu operieren. Bei den sogenannten "Blue Babys" führte die schwere angeborene Fehlbildung des Herzens wegen einer permanenten Sauerstoffunterversorgung zu blauen Lippen und einer blauen Hautfärbung.

Mit der Taussig-Blalock-Operation gelang es, eine Verbindung zwischen der Arteria pulmonalis und der Arteria subclavia zu schaffen. Dies ermöglichte schließlich eine zum Leben befähigende O2-Sättigung des Blutes.

Aus aller Welt kamen Kinder nach Baltimore und voller Stolz und Freude zeigte Taussig ihren Studenten ehemals blaue Babys, die postoperativ fast sofort eine gesunde rosige Farbe aufzuweisen begannen. 1965 wurde Taussig die erste Präsidentin der American Heart Association. Sie war bis ins hohe Alter wissenschaftlich aktiv und kam zu Beginn der Sechziger Jahre nach Deutschland, um Kinder mit Contergan-Schädigungen zu untersuchen. Sie starb drei Tage vor ihrem 88. Geburtstag im Mai 1986 durch einen Autounfall.

"Changing the Face of Medicine: Celebrating America’s Women Physicians", National Library of Medicine, geöffnet montags bis freitags 8.30 Uhr bis 17 Uhr, samstags 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr. Gebäude 38, Center Drive, Bethesda. Oder im Internet unter www.nlm.nih.gov/changingthefaceofmedicine/

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

10 Fragen, 10 Antworten

Ausgeschlafen trotz Schichtdienst: Wie das klappen kann

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Daten aus Wales

Infarktrisiko steigt offenbar auch nach Harnwegsinfekt

Einstufung in den Pflegegrad

Pflegebegutachtung: Wann hausärztlicher Rat gefragt ist

Lesetipps
„Nicht jeder Mensch ab 70 wird künftig Statine nehmen, aber es werden mehr als bisher sein“, prognostiziert Kollegin Erika Baum von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin.

© Rafal Rutkowski / stock.adobe.com

„Erheblicher zusätzlicher Beratungsbedarf“

Statine: Was der G-BA-Beschluss für Praxen bedeutet

Ein Geldschein liegt in einer Mausefalle.

© photo 5000 / stock.adobe.com

Knackpunkt Selbstzahlerleistungen

Der richtige Umgang mit IGeL-Fallen

Stethoskop auf Geldmünzen

© oppoh / stock.adobe.com / Generated by AI

EBM-Abrechnung 2026

Vorhaltepauschale 2.0: Bei 10 Kriterien ist für jeden was dabei