BUCHTIP
Eine vergnügliche Suche nach Medizin-Irrtümern
In einer dramatischen Szene des James-Bond-Films "Goldfinger" wird das Bond-Girl mit Goldbronze überzogen und stirbt - spätestens seitdem kursiert das Gerücht, daß ein Mensch ersticken muß, wenn seine Haut nicht mehr atmen kann.
Alles an den Haaren herbeigezogen, sagt der Arzt und Wissenschaftsjournalist Dr. Werner Bartens in seinem Lexikon der Medizin-Irrtümer. Der Austausch mit der Umgebungsluft sei zwar für die Ernährung und Versorgung der Haut vorteilhaft, aber nicht entscheidend für den Gesamtorganismus, denn sonst würden ja auch Taucher in eng anliegenden Neoprenanzügen in akuter Lebensgefahr schweben.
Mit fundierten Argumenten räumt der Autor auf mit Halbwahrheiten und Vorurteilen, die bei Patienten und manchmal sogar bei Ärzten verbreitet sind. Wann immer möglich versucht er zu erhellen, wie eine Ansicht aufgekommen ist und welche Gedanken ihr zugrundeliegen. Auf diese Weise liefert er Wissenswertes über verbreitete Krankheiten, zum Beispiel, daß der Herzinfarkt beileibe keine typische Managerkrankheit ist, daß gehemmte Menschen, die ihre Gefühle unterdrücken, nicht häufiger an Krebs erkranken als extrovertierte, die ihre Emotionen ausleben, daß bis heute nicht sicher erwiesen ist, ob Streß wirklich die Anfälligkeit für Magengeschwüre erhöht.
Außerdem stellt Bartens klar, welche Verhaltensweisen sich ungünstig auf die Gesundheit auswirken. Kaffeetrinken etwa schadet nicht: Es kurbelt zwar kurzfristig den Blutdruck an, aber langfristig trägt es nicht zum Krankheitsbild der chronischen Hypertonie bei. Dabei rückt Bartens auch viele Sachverhalte rund um den Körper ins rechte Licht. Zum Beispiel macht er Schluß mit dem Irrglauben, durch regelmäßiges Rasieren des Bartes oder der Beine werde der Haarwuchs angeregt. Der Leser wird so zum Zeugen einer Wahrheitssuche - zu seiner Aufklärung, aber auch zu seinem Vergnügen. (ars)
Werner Bartens (Hrsg.), Lexikon der Medizin-Irrtümer - Vorurteile, Halbwahrheiten, fragwürdige Behandlungen, Eichborn-Verlag, 350 Seiten, gebunden, 22,90 Euro, ISBN 3-8218-3922-8