Nephrologen-Kongress

Versorgung von Patienten mit chronischer Nierenerkrankung: „Infektionsschutz ist ein wesentlicher Faktor“

Menschen mit chronischer Nierenkrankheit sind in jedem Alter eine Risikogruppe für Infektionen. Sie werden oft zu zögerlich geimpft. Bei Impfungen nach Transplantation gibt es ein paar Sonderregeln.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

Berlin. Eine chronische Nierenkrankheit (CKD) beeinträchtige die Immunabwehr auf vielfältige Art und Weise, sagte Prof. Matthias Girndt von der Inneren Medizin II am Universitätsklinikum in Halle. Letztlich komme es zu einer Art vorzeitigen Alterung des Immunsystems, ähnlich wie das bei Menschen ohne CKD im hohen Lebensalter passiert. Etwa ab dem CKD-Stadium 3a steige das Risiko, wegen Infektionen ins Krankenhaus zu müssen, spürbar an. „Im Stadium der Dialysepflicht ist die Abwehr dann ähnlich stark eingeschränkt wie bei einer oralen Prednisolon-Therapie“, erläuterte Girndt.

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Ein wesentlicher Faktor, um das infektionsbezogene Risiko zu minimieren, sei Infektionsschutz durch Impfungen, betonte der Nephrologe. Die Annahme, dass CKD-Patienten viel schlechter auf Impfungen ansprächen, sei in dieser Pauschalität nicht richtig. Zwar sehe man eine deutlich eingeschränkte Immunantwort bei T-Zell-abhängigen Impfstoffen wie den Grippeimpfstoffen und den RNA-basierten Covid-impfstoffen. Bei Impfungen dagegen, die große, weniger T-Zell-abhängige Antigene nutzten, sei das Impfansprechen selbst bei Dialysepflicht oft noch ausgezeichnet. Gut dokumentiert ist das für die Pneumokokkenimpfungen, für die bei Dialysepatienten Ansprechraten in der Größenordnung von 80 Prozent beschrieben sind (Transpl Infect Dis 2020; 22:e13343)

„Sechs Monate Warten ist out“

Wie sieht es nach Nierentransplantation aus? Relativ häufig, betonte Girndt, tauche die Frage aus, ob nach einer Transplantation zum Beispiel Mitte November noch saisonal gegen Grippe geimpft werden sollte. Prinzipiell seien für die Influenza-Impfung nach Transplantation Ansprechraten von 60 bis 70 Prozent beschrieben, allerdings wurden bei den entsprechenden Studien regelmäßig sechs Monate nach Transplantation abgewartet. Es gebe aber auch einige Daten zu Grippe-Impfungen bereits drei bis sechs Monate nach Transplantation – mit ähnlich hoher Effektivität, und ohne schwerwiegende Komplikationen. „Wir würden bei Transplantation Mitte November Anfang Januar impfen“, erläuterte Girndt. Es gebe aber auch Argumente, noch im Dezember zu impfen. Sechs Monate warten sei jedenfalls out.

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Was Lebendimpfungen angeht, so sind diese nach Transplantation grundsätzlich kontraindiziert, da die Impfviren replikationsfähig sind. Im Einzelfall sei das aber eine Ermessenssache, so Girndt. Sein Beispiel war ein Transplantpatient, der in den Schuldienst will und von dem eine MMR-Impfung verlangt wird. Eine Option wäre, mit Immunglobulinen zu arbeiten. Aber auch eine aktive MMR-Impfung sei nach Einzelfallabwägung unter Umständen vertretbar. Zumindest gebe es eine publizierte Kohorte pädiatrischer Transplantatempfänger, bei denen MMR-Impfungen sechs Jahre nach Transplantation ohne schwerwiegende Nebenwirkungen verliefen (Am J Transplant 2018; 19:844-54). Ähnlich sieht es bei der Varizellen-Impfung bei Kindern aus, während es für die Zoster-Impfung bei Dialyse/Transplantation bisher nur wenige Daten gibt. „Definitiv nicht zu empfehlen ist die Gelbfieber-Impfung“, sagte Girndt. Hier seien nach Organtransplantation Todesfälle beschrieben worden.

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