Wasser ist Leben - Profis sind am Zug

BONN (msc). 900 000 Liter sauberes Trinkwasser - diese Menge kann allein das Technische Hilfswerk mit seinen Trinkwasseraufbereitungsanlagen jeden Tag im Tsunami-Katastrophengebiet in Südasien produzieren. Damit liefern die Techniker aus Deutschland einen großen Beitrag zur Seuchenprophylaxe.

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"Für die Überlebenden ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu medizinischer Behandlung das Allerwichtigste", sagt Philippe Guerin, Arzt und Epidemiologe, der für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen tätig ist. Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes Dr. Rudolf Seiters spitzt das noch zu: "Wasser bedeutet Leben. Es ist das wichtigste Hilfsgut überhaupt."

Kein Wunder also, daß nahezu alle internationalen Hilfsorganisationen, aber auch die australische und die US-Armee, Schwerpunkte ihrer Hilfe bei der Trinkwasserversorgung setzen. So ist zum Beispiel auch das Deutsche Rote Kreuz in der Krisenregion - konkret in Sri Lanka und Indonesien - mit Wasseraufbereitungsanlagen präsent. Jede dieser Anlagen kann 15 000 Menschen mit 120 000 Litern Wasser pro Tag versorgen.

Als echter Profi in Sachen Trinkwasseraufbereitung hat sich bei vielen Einsätzen im In- und Ausland das Technische Hilfswerk (THW) bewährt. Die THW-Männer gehörten auch in Südasien zu den Hilfskräften der ersten Stunde. Im Bereich der Trinkwasserversorgung ist das THW derzeit vor allem in drei Einsatzgebieten in Südasien aktiv:

  • Provinz Aceh im Norden Sumatras: Am Wochenende traf das erste Material in Banda Aceh ein. Das THW wird zehn Trinkwasseraufbereitungsanlagen installieren, drei Labors zur Wasseruntersuchung aufbauen und außerdem technische Ausstattung und Know-how für den Aufbau der Infrastruktur zur Verfügung stellen. In der von der Tsunami-Katastrophe am schlimmsten betroffenen Region sollen letztlich täglich gut 600 000 Liter Trinkwasser für die Versorgung von mehr als 100 000 Menschen produziert werden.
  • Sri Lanka: Hier spucken die Trinkwasseraufbereitungsanlagen schon heute täglich 225 000 Liter frisches Wasser aus. Die mobilen THW-Wasserlabors sind voll ausgelastet, auch mit der Untersuchung von wiederhergestellten Brunnen.
  • Malediven: Die Regenwasserzisternen auf den Atollen sind weitgehend zerstört. 6000 Menschen sind auf die Wasserversorgung durch das THW angewiesen. Die deutschen Experten produzieren hier auf drei Atollen frisches Trinkwasser, das dann per Boot auf die vielen kleinen Inseln weiterverteilt wird.

Bei der Trinkwasseraufbereitung werden die verschiedensten technischen Verfahren eingesetzt. Auch Unternehmen aus Deutschland sind bei der Produktion solcher Anlagen führend. Die Helfer vom THW setzen in Südasien vor allem zwei Methoden ein, die sogenannte Anschwemmfiltration und die Umkehrosmose:

  • Anschwemmfiltration:

Diese Anlagen zur Aufbereitung von verschmutztem Rohwasser (aus Flüssen, Seen, Brunnen) sind sehr robust und eignen sich daher gut für den Einsatz in Notsituationen. Allerdings sind Aufbau und Betrieb dieser Anlagen auch sehr arbeitsintensiv. Stündlich können damit bis zu 6000 Liter Wasser gereinigt werden. Eingesetzt werden diese Großanlagen, die aus mehreren Faltbehältern, Filtertanks, Schlauchleitungen und Pumpen bestehen, in der Provinz Aceh auf Sumatra und in Sri Lanka.

Die chemische Vorbehandlung des Wassers erfolgt in Faltbehältern. Zuvor wird das Wasser in THW-eigenen Labors analysiert, dies ermöglicht die genaue Dosierung der chemischen Zusätze wie Eisen-III-chlorid, Silbernitrat, Aktivkohle oder Marmorkalkhydrat. Schwebstoffe und Verunrei- nigungen werden gebunden und sinken zu Boden.

Das so vorbehandelte Rohwasser wird anschließend durch Filtertanks gepumpt, in denen sich das feinkörnige Filtermaterial Berkesil befindet. Ähnlich wie bei der Filtration von Regenwasser im Boden durch Erde und Kies wird das Rohwasser so gereinigt und dann in einen Reinwasserbehälter gepumpt. Außerdem wird das Wasser mit Chlor desinfiziert.

  • Umkehrosmose:

Die dafür nötigen Geräte in Schreibtischgröße passen auf eine einzige Transport-Palette. Das Herzstück dieses Verfahrens ist ein Membranfilter. Seine Poren sind so fein, daß unter hohem Druck nur Wassermoleküle passieren können. So werden Bakterien, Viren, Kalk, Schwermetalle und Pestizide sicher zurückgehalten. Auch Salz wird herausgefiltert.

Zur Verbesserung der Reinigungsleistung und zum Schutz der Membran können weitere Vorfilter je nach Bedarf eingesetzt werden, zum Beispiel Media-Sand-Filter für Grobstoffe oder Aktivkohlefilter. Je nach Bauart können mit diesen Anlagen 500 bis 1600 Liter Reinwasser pro Stunde gewonnen werden. Eingesetzt werden sie vom THW derzeit in der Provinz Aceh und auf den Malediven.

Ewald Nagel, Pressesprecher des THW, geht momentan davon aus, daß die Wasseraufbereitungsanlagen insgesamt etwa drei bis vier Wochen laufen werden: "Das ist aber nur ein Erfahrungswert. Letztlich entscheidet die Bundesregierung, wie lange wir gebraucht werden."

Genauso wichtig wie die akute Trinkwasseraufbereitung ist den THW-Helfern, eine mittel- und langfristige Perspektive zur Trinkwasserversorgung zu schaffen. Auf Sri Lanka in der Region Galle haben die Experten bereits 59 Brunnen gereinigt und repariert, sie stehen jetzt wieder für die Versorgung der Menschen zur Verfügung. Und auch an der Wiederherstellung von Wasserwerken in der Katastrophenregion arbeiten internationale Helfer kräftig mit.

Lesen Sie dazu auch: Wasser in vielen Brunnen ist nun versalzen

Weitere Berichte lesen Sie im Special "Nach der Tsunami-Flut"

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