Ärzte im Einsatz für den Heiligen Vater

Wenn der Papst auf Reisen geht, ist Kardiologe Patrizio Polisca immer an seiner Seite. Beim Papstbesuch in Deutschland gehören auch die Malteser zum Versorgungsteam.

Von Robert Büssow Veröffentlicht:
Der persönliche Leibarzt von Papst Benedikt XVI. Patrizio Polisca (rechts) weicht selten von seiner Seite.

Der persönliche Leibarzt von Papst Benedikt XVI. Patrizio Polisca (rechts) weicht selten von seiner Seite.

© dpa

ERFURT. Es hat mindestens einen Vorteil, Papst zu sein: Man benötigt keinen Termin mehr beim Arzt. Der Stellvertreter Christi auf Erden beschäftigt traditionell einen persönlichen Leibarzt, den archiatros pontificio, wie die amtliche Bezeichnung lautet: erster Päpstlicher Arzt. Was früher sonst nur Könige in Anspruch nahmen, ist in der Welt des Vatikan bis heute üblich.

Seit 2009 ist der italienische Kardiologe im Dienst

Über die Gesundheit von Papst Benedikt XVI. wacht der Mediziner Patrizio Polisca. Der italienische Kardiologe (57) trat seinen Dienst im Juni 2009 an und löste Renato Buzzoneti ab, der über 30 Jahre lang den zuletzt altersschwachen und an Parkinson leidenden Johannes Paul II. betreute und auf allen 104 Auslandsreisen begleitete.

Wenn Benedikt XVI. am 22. September seinen viertägigen Besuch in Deutschland antritt, wird auch Polisca nicht von seiner Seite weichen.

Freiluftgottesdienst auf dem Pilgerfeld: An der Wallfahrtskapelle Etzelsbach im Eichsfeld werden über 60 000 Menschen erwartet.

Freiluftgottesdienst auf dem Pilgerfeld: An der Wallfahrtskapelle Etzelsbach im Eichsfeld werden über 60 000 Menschen erwartet.

© Rampfel / dpa

Der Leibarzt gehört zum festen Reisetross des Papstes bei allen Auslandsaufenthalten. Seine Sprechzeit beginnt morgens, wenn der Papst aufsteht, und endet, wenn der Heilige Vater zu Bett geht. Die Krankenakte kennt er auswendig. Diskretion ist höchstes Gebot.

Größte bekannte Zwischenfall bisher - ein Bruch des rechten Handgelenks

Bisher hatte Polisca in dem rüstigen Ratzinger einen pflegeleichten Patienten. Der größte bekannt gewordene Zwischenfall war ein Bruch des rechten Handgelenks vor zwei Jahren - inzwischen wieder gut verheilt. Dabei hält es Benedikt entgegen des ärztlichen Rates wie Churchill: no sports.

Medizinisch betrachtet wird Polisca über die Deutschlandreise vermutlich wenig erfreut sein. Bis zum Sonntag mutet sich der Papst, immerhin schon 84 Jahre alt, einen Terminmarathon zu, der auch Jüngere stressen würde: Berlin, Erfurt, eine Stippvisite im Eichsfeld und schließlich Freiburg.

Er will vier große Freiluftmessen feiern, Audienzen geben und dutzende Gespräche führen, eine Rede vor dem Bundestag halten und zuletzt noch die ökumenische Großwetterlage verbessern. Immer hochkonzentriert, denn ein Papstwort wiegt schwer.

Der Leibarzt achtet auf Ruhezeiten für den Papst

Das rüttelt an der Konstitution, weshalb der Leibarzt auf ausreichend Ruhezeiten achtet. Er ist es auch, der entscheidet, ob im Krankheitsfall weitere Ärzte hinzugezogen werden. In Rom sind dafür stets eigene Räume in der Gemelli-Klinik reserviert, die Johannes Paul II. so häufig aufsuchen musste, dass er scherzhaft vom dritten Vatikan sprach - die Sommerresidenz in Castel Gandolfo ist Nummer zwei.

Für die Stationen in Thüringen wird Benedikt durch den Malteserarzt Dr. Burkhard Pfaff unterstützt. Der "Papst-Doktor", wie der Allgemeinmediziner aus Kronwieden mit Praxis in Würth an der Isar dort genannt wird, war bereits 2006 für die medizinische VIP-Betreuung zuständig, als Benedikt seine bayrische Heimat besuchte.

"Es hat mich beeindruckt, wie fit und geistig rege der Heilige Vater ist. Dabei dürfte man es mit 84 schon ein wenig langsamer angehen lassen", bewundert der 45-Jährige die Kondition des Pontifex. Sein Einsatz werde in enger Abstimmung mit dem Leibarzt ablaufen.

"Ich freue mich unglaublich darauf, ihn wiederzusehen", sagt Pfaff, dem vor fünf Jahren ein Wunsch unerfüllt blieb: ein persönlicher Händedruck.

Malteserarzt Dr. Burkhard Pfaff.

Malteserarzt Dr. Burkhard Pfaff.

© Malteser

Maltesertradition: die sanitätsdienstliche Versorgung der Pilger

Die Malteser sind traditionell für die sanitätsdienstliche Versorgung der Pilger bei Papstbesuchen in Deutschland zuständig. Mehr als 2000 Kräfte werden in den kommenden Tagen im Einsatz sein.

"Anders als auf Rockkonzerten haben wir es bei diesen Großveranstaltungen zum Glück weniger mit Alkohol und Drogen, sondern vermutlich eher mit Erschöpfungen zu tun", sagt Christina Gold, die zum Einsatzstab im nordthüringischen Eichsfeld gehört.

Dort sind 600 Malteser im Einsatz, zum Teil sogar mit Fahrrad- und Motorradstaffeln, weil auch die kilometerlangen Pilgerwege bis zu der abseits gelegenen Wallfahrtskapelle Etzelsbach abgesichert werden müssen.

Aus Sicherheitsgründen gibt es keine Bäder in der Menge

Über 60.000 Menschen werden erwartet. "Die friedliche und freundschaftliche Atmosphäre macht den Einsatz außerordentlich schön", sagt sie. Für Leibarzt Polisca immerhin beruhigend: Es finden keine Bäder in der Menge mehr statt, bei denen es in der Vergangenheit mehrfach zu Übergriffen gekommen war.

Sollte Benedikt dennoch etwas zustoßen, ist es der Leibarzt, der den medizinischen Tod des Papstes bescheinigt. Erst danach erfolgt die rituelle Feststellung des Todes. Das Amt des Vatikanarztes endet mit der Beaufsichtigung der Einbalsamierung.

Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch darüber hinaus. Nur ein Leibarzt sorgte bislang weltweit für Schlagzeilen, weil er sie brach. Riccardo Galeazzi-Lisi fotografierte 1958 Papst Pius XII. im Sterben und bot die Bilder der Presse an.

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