Nach Erdbeben

Deutsche Rettungsteams beenden Einsatz in Nepal

Die ersten Rettungsteams aus Deutschland haben am Wochenende ihre Rückkehr von ihrem Einsatz in Nepal vorbereitet. Doch noch immer werden unzählige Menschen vermisst.

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KATHMANDU. Nachdem sie fünf Tage lang in den Trümmern von Kathmandu nach Überlebenden des verheerenden Erdbebens gesucht haben, bereiten sich erste Rettungsteams aus Deutschland wieder auf ihre Rückkehr vor.

Am Samstag hätten die Mitglieder des Einsatzteams von @fire die Hauptstadt Kathmandus in Richtung Delhi verlassen, teilte die Hilfsorganisation für Katastrophenschutz mit.

Am Sonntag wurde das Team in Frankfurt zurückerwartet, wo es auf ein Notfall-Nachsorge-Team treffen sollte.

Derweil konnten wie durch ein Wunder drei Menschen lebend aus den Trümmern geborgen worden. Soldaten und Polizisten hätten die zwei Frauen und einen Mann ausgegraben und in das Bezirkskrankenhaus gebracht, sagte der örtliche Polizist Ram Bahadur Nepali am Sonntag.

Zwei von ihnen hätten unter den Überresten ihres Lehmhauses im Dorf Kerabari im Distrikt Sindhupalchowk gelegen. Einer sei in der Nähe von einem Erdrutsch erfasst und begraben worden.

Unterdessen sind zahlreiche in den Bergen festsitzende Touristen ausgeflogen worden.

Nach Angaben eines Polizeisprechers vom Samstag sollen inzwischen alle Ausländer, von denen der Aufenthaltsort durchgegeben wurde, gerettet worden sein.

Zwei junge Deutsche weiter vermisst

Die Familien zweier in Nepal verschollener Urlauberinnen aus Lehrte bei Hannover bangen jedoch weiter um die beiden 20-Jährigen. "Wir konnten herausfinden, in welchem Bereich sie zuletzt gesehen worden sind", sagte Leonies Mutter Anja Elsner am Samstag.

In dem Gebiet am Tamang Heritage Trail werde schon nach den beiden jungen Frauen und anderen Vermissten gesucht. "Die Informationen haben wir von der Botschaft", sagte Elsner.

Auch zahlreiche lokalisierte Franzosen steckten weiterhin in schlecht zugänglichen Dörfern fest, die sich auf einer Höhe zwischen 3000 und 6000 Metern befinden, teilte das französische Außenministerium mit.

Dem UN-Büro für Katastrophenhilfe (Ocha) zufolge ist es nach wie vor schwierig, zu den Hilfsbedürftigen in die entlegenen Gebiete Nepals zu kommen.

Am vergangenen Wochenende hatte ein Beben der Stärke 7,8 die Himalaya-Region erschüttert - es war das stärkste seit mehr als 80 Jahren in Nepal.

Dabei starben mindestens 7100 Menschen. Mehr als 14.000 Menschen wurden verletzt. Etwa 300.000 Häuser wurden ganz oder teilweise zerstört.

Die Nachbeben hielten später noch an - ein Zittern der Stärke 5,0 erschütterte Nepal fast auf die Stunde genau eine Woche nach dem großen Beben.

50 Urlauber unter den Toten

Unter den Toten sind nach Polizeiangaben 50 ausländische Touristen.

Sie seien bei dem Erdbeben vor einer Woche und den daraus resultierenden Lawinen und Erdrutschen ums Leben gekommen.

Die meisten der toten Ausländer seien Wanderer und Bergsteiger gewesen, sagte Polizeisprecher Kamal Singh Bom weiter. Angaben zu ihren Nationalitäten machte er nicht.

Auf einer Liste der Polizei stehen viele Inder, aber auch Chinesen, Franzosen, US-Amerikaner, eine Japanerin, eine Australierin und eine Estin.

Aus Deutschland ist ein Todesopfer bestätigt. Es handelt sich um einen Professor aus Göttingen, der auf einer Exkursion war.

Die Europäische Union hatte zuletzt erklärt, dass zu rund 1000 Europäern kein Kontakt bestehe.

Das Auswärtige Amt in Berlin sprach von vermissten Deutschen im höheren zweistelligen Bereich.

Das französische Außenministerium erklärte, allein im Manaslu-Tal säßen noch 13 Franzosen in mehreren Dörfern fest. Paris verhandele mit den nepalesischen Behörden über Militärflüge am Sonntag.

Es fehlen Zelte, Lebensmittel und Wasser

Die nepalesische Regierung erklärte, oberste Priorität habe nun die Auslieferung von Zelten, Nahrungsmitteln und Wasser an die Überlebenden.

Die Chance, noch Überlebende in den Trümmern zu finden, sei sehr gering, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Die nepalesischen Sicherheitskräfte und Rettungstrupps aus aller Welt hätten etwa 800 Menschen ausgegraben.

Sowohl die betroffenen Nepalesen als auch internationale Hilfsorganisationen vor Ort kritisieren die Regierung seit Tagen dafür, dass sie zu langsam und chaotisch agiere.

Auch würden Hilfsgüter vorwiegend an Verwandte der Beamten und Mitglieder und Günstlinge der regierenden Parteien ausgeliefert.

Die am schlimmsten betroffenen Orte liegen in den Bezirken Sindhupalchok und Gorkha. "Die Menschen dort brauchen enorm viel Hilfe, weil das Ausmaß an Zerstörung so riesig ist", sagte die deutsche Ärztin Dr. Gerda Pohl der Deutschen Presse-Agentur aus Gorkha.

Am dringendsten würden Zelte benötigt - diese seien aber derzeit quasi nicht zu bekommen. Helikopter brächten nur Essen, aber nichts zum Bau von Unterkünften.

Im Hilfsfonds des Premierministers sind mittlerweile rund 15 Millionen Euro eingegangen, vor allem von nepalesischen Spendern.

Der Finanzminister beklagte, die meisten der Geldzusagen aus dem Ausland seien noch nicht bei ihm angekommen.

Unesco will Kulturgüter wieder aufbauen

Die Unesco zeigte sich zuversichtlich für den Wiederaufbau der zerstörten Kulturgüter, die für viele Nepalesen einen ungemein hohen symbolischen Stellenwert haben.

Zahlreiche Skulpturen und geschnitzte Holzbalken seien gerettet worden, sagte der Repräsentant der UN-Kulturorganisation in Kathmandu, Christian Manhart, im Deutschlandradio Kultur.

Die historischen Bauten im Kathmandutal, das auf der Unesco-Welterbeliste steht, seien gut dokumentiert.

Das Asiatische Zentrum für Katastrophenvorsorge erklärte, während des Erdbebens seien 4500 Schulen und 700 Gesundheitszentren zerstört worden.

Nun sind auch Teams der nationalen Erdbebengesellschaft unterwegs und markieren Gebäude.

Die Häuser bekommen je nach Standfestigkeit grüne, gelbe oder rote Zettel - rot und gelb markierte Häuser dürfen ganz oder teilweise nicht mehr betreten werden.

"Auch das Hause des Premierministers erhielt einen gelben Zettel", sagte Anil Upadhyaya von der Erdbebengesellschaft.

UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos sagte, die Vereinten Nationen stünden angesichts der blockierten Straßen und der Dörfer ohne Straßenanbindungen vor einer immensen logistischen Aufgabe.

Sie sei besorgt, dass es zu lange dauere, den Menschen Hilfe zu bringen. An vielen Stellen seien die Hänge zu steil, um mit dem Hubschrauber zu landen. (dpa)

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