Studie zum Demografiewandel

Sprengstoff zwischen Jung und Alt

Deutschland steht vor einem Kraftakt: Ein Anstieg bei Geburten und Zuwanderung reicht längst nicht aus, um den demografischen Wandel zu stemmen, so eine Studie. Die Lösung dürfte manchem Arbeitnehmer nicht sonderlich gefallen.

Veröffentlicht:
Eine Bombe aus Geldscheinen: Die Kosten des demografischen Wandels für die jüngere Generation könnte das derzeitige Sozialsystem zum Platzen bringen.

Eine Bombe aus Geldscheinen: Die Kosten des demografischen Wandels für die jüngere Generation könnte das derzeitige Sozialsystem zum Platzen bringen.

© Mopic / Fotolia

GÜTERSLOH. Mehr Geburten und Zuwanderung reichen einer Studie zufolge nicht aus, um die Negativfolgen der demografischen Alterung für die soziale Sicherung in Deutschland aufzufangen.

„Selbst deutlich höhere Zuwanderungs- und Geburtenzahlen allein können die bevorstehenden Herausforderungen für die sozialen Sicherungssysteme kaum beeinflussen“, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung der Bertelsmann Stiftung.

Was sind die Lösungsvorschläge?

Nötig sei ein Maßnahmen-Mix. Mehr Menschen im „fortgeschrittenen Alter“ sollten erwerbstätig sein, ermöglicht auch durch eine „dynamische Altersgrenze“. Die Regelaltersgrenze könne – orientiert an der steigenden Lebenserwartung – bis 2060 auf 70 Jahre steigen.

Zudem müssten Zuwanderer viel schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden, Arbeitsumfang und Erwerbstätigkeit von Frauen deutlich zulegen. Ohne ein energisches Gegensteuern werde die jetzt jüngere Generation künftig so stark belastet sein, dass ein „massiver Verteilungskonflikt zwischen Jung und Alt“ drohe.

Für die Studie hatten zwei Forscher der Universität Bochum anhand verschiedener Szenarien die Folgen des demografischen Alterungsprozesses berechnet.

Pessimistische Aussichten

Selbst unter der weniger realistischen Annahme, dass Geburtenzahlen und Immigration sehr stark wachsen, werden die Ausgaben der sozialen Sicherungssysteme besorgniserregend in die Höhe schießen, betonen die Autoren. Und zwar von derzeit 890 Milliarden Euro (2017) auf etwa 1,6 Billionen Euro im Jahr 2045. Auch danach sei keine Entspannung in Sicht.

Um das zu finanzieren, würde die jüngere Generationen laut Prognose immer stärker belastet: Für die im Jahr 2010 Geborenen steigen die künftig zu entrichtenden Beitragssätze demnach im Schnitt auf über 50 Prozent der beitragspflichtigen Einkommen – 2017 lag dieser Wert bei rund 40 Prozent.

Oder, anders gesagt, würde laut Simulation ein 2010 geborener Durchschnittsverdiener in seinem gesamten Erwerbsleben wohl etwa 741.000 Euro Sozialbeiträge zahlen – und damit gut 170.000 Euro mehr als ein 1970 Geborener mit 570 000 Euro. Und das m die gleichen Leistungen zu beziehen.

Wie sieht der aktuelle demografische Stand aus?

Der demografische Stand aktuell: Auf 100 Personen zwischen 15 und 64 Jahren kommen 33 Personen über 65 Jahre. 2035 werden es 50 Ältere sein.

Selbst für den als unwahrscheinlich eingestuften Fall, dass jede Frau schon ab 2020 im Durchschnitt zwei Kinder bekommen sollte und es bis 2040 dann rein rechnerisch 2,2 Kinder wären, würde das laut Stiftung auf die Bevölkerungsalterung zunächst mal lange Jahre keinen Einfluss haben.

Es hätte erst dann Einfluss, wenn dieser Nachwuchs erwerbstätig würde. 2017 bekam jede Frau statistisch gesehen 1,57 Kinder.

Durch steigende Zuwanderung lasse sich der Alterungsprozess zwar abdämpfen. Allerdings: „Langfristig altern jedoch auch die Zuwanderer oder wandern wieder ab“, heißt es.

Und bleiben die Wanderungssalden nicht dauerhaft hoch, verschärfe sich der Alterungsprozess langfristig sogar noch. 2017 waren 416.080 Menschen waren nach Deutschland zugewandert. (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Situation im Gesundheitswesen

Umfrage: Große Bedenken wegen hausärztlicher Versorgung

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Cochrane Reviews

HPV-Impfung schützt vor Gebärmutterhalskrebs und Krebsvorstufen

Lesetipps