Balu und Du

Eine Chance für benachteiligte Schulkinder

Für ein Jahr bekommen sozial benachteiligte Grundschulkinder einen jungen Erwachsenen als Mentor an ihre Seite: Das Projekt "Balu und Du" eröffnet ihnen die Chance, völlig neue Erfahrungen zu machen.

Von Ursula Armstrong Veröffentlicht:
Spannende neue Erfahrungen im Zoo-Aquarium. Die "Balus" begleiten ihnen anvertraute Kinder und eröffnen ihnen die Chance, sich Neues zu erschließen - jenseits ihrer oft komplizierten Familiensituation.

Spannende neue Erfahrungen im Zoo-Aquarium. Die "Balus" begleiten ihnen anvertraute Kinder und eröffnen ihnen die Chance, sich Neues zu erschließen - jenseits ihrer oft komplizierten Familiensituation.

© Balu und Du e.V.

Balu kennt jeder. Der fröhliche Bär ist der Freund des kleinen Jungen Mogli im Disney-Film nach Rudyard Kiplings "Das Dschungelbuch".

Balu steht ihm bei und lehrt ihn, gelassen mit Alltagsproblemen fertig zu werden, ganz so, wie es in seinem Lieblingslied heißt: "Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst du den Alltag und die Sorgen weg..."

Balu steht Pate für ein präventives Mentorenprogramm für benachteiligte Grundschulkinder: "Balu und Du". Denn auch da geht es um das Lernen im Alltag mit Spaß und Gemütlichkeit.

Grundschulkinder zwischen sechs und zehn Jahren, die aus unterschiedlichen Gründen am Rande der Gesellschaft aufwachsen, werden von ihren Lehrern für "Balu und Du" vorgeschlagen.

Mit Zustimmung der Eltern werden diese Kinder zu "Moglis" und bekommen für ein Jahr einen "Balu" als Mentor an ihre Seite.

"Balus" sind junge Menschen zwischen 17 und 30 Jahren, meist Studenten, die sich einmal wöchentlich für einige Stunden mit ihrem "Mogli" treffen und etwas unternehmen, was beiden Freude macht.

Sie spielen etwa Fußball, gehen ins Schwimmbad, ins Kino oder ins Museum, lesen, kochen oder malen zusammen. So erschließen sie den Kindern die Welt jenseits der Familie, des Computers oder des Fernsehers.

Dabei werden die "Balus" nicht alleine gelassen, sie bekommen jede Unterstützung, die sie brauchen. Seit der Gründung von "Balu und Du" vor elf Jahren sind bereits 4660 Kinder von genauso vielen ehrenamtlichen Mentoren begleitet worden.

Viele verborgene Talente

"Balu und Du" ist aber nicht etwa ein Trainingskurs, auch keine Therapie. Die Philosophie des Programms ist vielmehr das informelle Lernen - so ganz nebenbei, eben mit Gemütlichkeit und Spaß.

Die Kinder lernen ohne Leistungsdruck. Dabei können sie verborgene Talente entfalten, Hobbys ausbilden und die Fähigkeit entwickeln, Alltagsprobleme zu meistern.

Wie positiv sich "Balu und Du" auf die Entwicklung der teilnehmenden Kinder auswirkt, ist in vielen Studien nachgewiesen worden. Von Anfang an nämlich hat die Pädagogin Professor Hildegard Müller-Kohlenberg von der Universität Osnabrück das präventive Projekt, das auch von ihr mitgegründet wurde, wissenschaftlich begleitet.

Und da zeigte sich, dass sich durch die engagierte Zuwendung und Betreuung der "Balus" etwa die Kommunikations-, die Kontakt- und die Konzentrationsfähigkeit, die Ausgeglichenheit und das Selbstwertgefühl der "Moglis" verbessern.

Erstaunlich ist die Wirkung auf die Aggression, denn gerade die Aggression gilt als ein sehr stabiles und schwer zu beeinflussendes Merkmal mit eher einer Tendenz zur Verschlimmerung.

Doch die Evaluation des "Balu-und-Du"-Programms ergab, dass sich die Kinder danach in ihrer Freizeit deutlich kompetenter in Situationen verhalten, in denen sie vor dem Programm zu sozial unerwünschten, eskalierend aggressiven Reaktionen tendierten.

Kinder waren weniger gestresst

Das Präventionsprogramm hat auch eine positive Wirkung auf die Gesundheit der Kinder. Darauf deuten vorläufige Ergebnisse einer neuen Studie hin.

141 "Moglis" und 158 Kontroll-Kinder waren darin einbezogen und wurden zu zwei Zeitpunkten untersucht, zu Beginn des Programms und ein Jahr später.

Auch die Eltern und die Lehrer wurden befragt sowie die anonymisierten Tagebücher, die die "Balus" führen, analysiert. Dabei hat sich gezeigt, dass sich die gesundheitsrelevanten Werte der "Moglis" während des einjährigen Programms deutlich verbessert haben.

Die Kinder lebten danach gesünder und waren auch zum Beispiel weniger gestresst, wie Messungen des Haarkortisols ergeben haben. Professor Müller-Kohlenberg interpretiert die Ergebnisse als beachtliche Verbesserung des körperlichen Wohlbefindens der Kinder.

"Balu und Du" ist ein Rundum-Präventionsprogramm. Und in so einem "Balu"-Jahr passiert eine Menge - übrigens nicht nur für die "Moglis", auch "Balus" bereichert die Mentorentätigkeit.

"Die Balu-und-Du-Magie wirkt garantiert", sagt Eva Lichtenberg, die als "Balu" tätig ist: "Zur Nachahmung empfohlen."

Balu und du

"Balu und Du" ist ein ehrenamtliches Präventionsprogramm, das benachteiligte Kinder im Grundschulalter fördert. Das Projekt wurde 2002 von der Osnabrücker Pädagogin Professor Hildegard Müller-Kohlenberg und dem Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V. gegründet. Träger ist der Verein "Balu und Du e.V." mit Sitz in Osnabrück und Geschäftsstelle in Köln. Inzwischen gibt es "Balu und Du" an 52 Standorten.

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