Fußball-WM

Dauerläufer, Dribbler und Ballverteiler

Wer läuft wie viel? Wer produziert die meisten Fehlpässe? Auch beim Spiel Deutschland - Mexiko wurde die Leistung von jedem Kicker im Detail analysiert.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Laufen, was das Zeug hält: JérômeBoateng und Carlos Vela aus Mexiko, Toni Kroos (l.) stoppt ab.

Laufen, was das Zeug hält: JérômeBoateng und Carlos Vela aus Mexiko, Toni Kroos (l.) stoppt ab.

© picture alliance / CITYPRESS 24

Durchschnittlich 115,3 Kilometer legten die Kicker der DFB-Auswahl während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 pro Spiel zurück – unter den WM-Halbfinalisten der Spitzenwert vor Argentinien (114,8 km), den Niederlanden (109,6 km) und Gastgeber Brasilien (106,8 km).

Die Fitness der Deutschen war damals zweifelsohne ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Keine Mannschaft lief so viel, keine passte so genau und keine schoss so viele Tore wie die "Mannschaft", die die statistischen Superlative am Ende bekanntermaßen mit dem vierten Weltmeistertitel krönte.

Bei der 0:1-Niederlage im ersten Gruppenspiel der aktuellen WM gegen Mexiko am vergangenen Sonntag liefen Jogis Jungs in 90 Minuten dagegen nur 110 Kilometer, damit sogar immer noch vier Kilometer mehr als die Mexikaner. Als Zuschauer hatte man dennoch den Eindruck, dass nicht alle deutschen Spieler ihr Bestes gaben, vor allem die Leidenschaft schien nur auf Seiten der Südamerikaner zu sein.

Mexikaner waren schneller

Diesen subjektiven Eindruck bestätigt die objektiv erfasste Zweikampfquote: Hier lag Mexiko mit 56,2 Prozent eindeutig vor Deutschland (43,8 Prozent). 19 zu 9 abgefangene Bälle und deutliche Geschwindigkeitsnachteile von Sami Khedira, Toni Kroos und Thomas Müller gegenüber ihren mexikanischen Kontrahenten sind weitere Indizien, die den Erfolg von El Tri (so der Spitzname des Teams) erklären.

2014 liefen Kroos und Müller noch allen anderen davon: Mit 83,957 Kilometer war Müllers Laufleistung während des Turniers in Brasilien die ausdauerndste, Kroos belegte in dieser Kategorie mit 82,6 Kilometern den zweiten Rang.

Worüber sich Experten und Laien früher gefühlsmäßig die Köpfe heißgeredet haben, ist heute statistisch unwiderlegbar: Jeder einzelne Fußballprofi wird in jeder einzelnen Sekunde eines Spiels beobachtet und bewertet, seine Leistung im Detail erfasst und analysiert.

Das sagt zwar nichts über die Dribbelkünste eines Lionel Messi, die Kabinettstückchen eines Neymar, die Schussstechnik eines Cristiano Ronaldo, die Übersicht eines Andrés Iniesta oder die Reflexe eines Manuel Neuer aus, erlaubt wohl aber Rückschlüsse über deren Fitness und Geschwindigkeit, ihr Zweikampfverhalten und ihre Passgenauigkeit.

In der Balleroberung beispielsweise war 2014 kein Turnierspieler effektiver als Mats Hummels, der zudem 83 Prozent seiner Pässe an den Mann brachte. Philipp Lahm spielte die meisten Pässe im Turnier (651), gefolgt von Toni Kroos, von dessen 633 Pässen wiederum 537 ankamen, was einer Passgenauigkeit von 85 Prozent entspricht.

Systematisch erfasst werden Daten im Profifußball seit etwa 20 Jahren. Einer der Pioniere ist das 1996 gegründete britische Unternehmen Opta Sports (ehemals Opta Sportsdata), das inzwischen Daten aus 30 Sportarten in 70 Ländern liefert.

Zu seinen Kunden gehören Fußball-Vereine (FC Arsenal, Manchester City), Fußball-Ligen (Premier League, Major Soccer League), Print- und Online-Medien (Guardian), Rundfunkanstalten (Sky Sports, BBC), Wettanbieter und professionelle Leistungsanalysten.

Sané hält Tempo-Rekord in England - ist bei der WM aber außen vor

Seit 2006 erfasst Opta seine Daten in Echtzeit, sodass uns Kommentatoren in einer Live-Übertragung stets auf dem Laufenden halten. Auch die Firma Castro, die im Rahmen eines Sponsoring-Pakets für die FIFA einen Leistungsindex entwickelt, nutzt die Analyse von Opta für ihre Rankings.

In der Kategorie "Beste Spieler" landete bei der WM 2014 Toni Kroos an erster Stelle, Mats Hummels und Thomas Müller folgten an vierter und fünfter Stelle. Bester Torhüter wurde nach Auswertung aller Daten Manuel Neuer.

Den aktuell schnellsten deutschen Nationalspieler hat Bundestrainer Joachim Löw im Übrigen vor Beginn der WM aus seinem Kader gestrichen: Leroy Sané knackte vor wenigen Wochen erst den Tempo-Rekord der englischen Premier League.

Im Spiel seines Vereins Manchester City gegen den FC Chelsea kam der 21-Jährige auf eine Spitzengeschwindigkeit von 35,48 km/h. Zum Vergleich: Sprintstar Usain Bolt lief 2009 bei seinem Weltrekord über 100 Meter (9,58 Sekunden) im Durchschnitt 37,58 km/h mit einer Spitzengeschwindigkeit von 44,72 km/h.

Seit Erfassung der Laufleistung in der Bundesliga 2011 sprintete nur der US-Amerikaner Fabian Johnson (derzeit in Diensten Borussia Mönchengladbachs) schneller (Topspeed: 35,5 km/h) als Sané. Mit Antonio Rüdiger vom FC Chelsea hat Löw einen weiteren überaus schnellen Spieler mit nach Russland genommen, der im Spiel gegen die schnellen Mexikaner allerdings nicht zum Einsatz kam: Rüdiger erreichte in der vergangenen Saison einen Spitzenwert von 35,19 km/h.

80 Millionen Euro für Kroos

Und weil die Finanzen im Profisport in einem nicht unerheblichen Maße ebenfalls zum sportlichen Erfolg beitragen, hier zum Schluss noch einige harte Fakten zum geldwerten Vorteil der Teams: Den höchsten Marktwert hat mit 1,08 Milliarden Euro derzeit das französische Team, gefolgt von den Spaniern (1,03 Milliarden), den Brasilianern (981 Millionen) und den Deutschen (883 Millionen Euro).

Unter den Stars der "Mannschaft" ist derzeit Toni Kroos der teuerste mit einem Marktwert von 80 Millionen Euro, gefolgt von Hummels, Müller und Timo Werner mit jeweils 60 Millionen Euro.

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